laut.de-Kritik

Kritische Momentaufnahmen verpackt in unvergleichlichem Groove

Review von

Zwischen Blumfelds ironieloser Schlagerflucht und Tocotronics mühseliger Pavement-Werdung legen auch die Sterne ein weiteres, ihr fünftes Studioalbum vor. Man musste also auf das Schlimmste gefasst sein.

Doch auch wenn Die Sterne ihr Universum jetzt mit elektronischen Mitteln ausleuchten - ihr System kennt Grenzen. Gott sei Dank! Im ersten Track kündigt Spilker zwar an, daß er seinen Rhythmus variieren könne/müsse/werde, aber das geschieht im erkennbaren Sterne-Sound. Die elektronischen Frickeleien, die zweifellos eine der musikalischen Hauptweiterentwicklungen dieses Albums darstellen, fallen erst beim zweiten Hören auf, so gut passen sie sich ein in den typischen Sterne-Groove.

Überhaupt ist es wieder dieser Groove und Swing, der einen nach kurzer Zeit mitsummen macht und erst nach einer Weile wundern läßt. Dann nämlich, wenn der Inhalt der Liedzeilen, die man fröhlich im Sonnenschein spazierengehend vor sich hinsingt, ins Hirn durchschlägt: "Es hat keinen Sinn zu warten, bis es besser wird - das bißchen besser wär' das Warten nicht wert" - einer der großartigsten Sätze und Songs des Albums.

Die kritischen Momentaufnahmen der Sterne-Texte sind, wie immer, listig in Schönheit verpackt. Und so kann es gut sein, daß sich die erste Singleauskopplung, "Big in Berlin", zum Sommerhit in den Hauptstadtclubs entwickelt, ähnlich mißverstanden wie Springsteens "Born In The USA".

Viele Stücke rufen auch wieder förmlich nach einem fetten Remix (wie wär's z.B. mit einer Drum'n'Bass-Version von "Nichts wie wir's kennen"?), andere klingen bereits so ("Respekt"). Insgesamt ein rundes Album, das in innerer Ruhe von innerer Unruhe erzählt. Nicht der große, neuartige, richtungsweisende Entwurf zum Ende des Milleniums, an dem so viele scheitern (s.o.), sondern ein Sterne-Album.

"Für die Sterne ist es nicht wichtig, jedesmal eine perfekte Platte zu machen, sondern ein irgendwie stimmiges Werk. Und da ist es manchmal wichtiger schnell zu sein, als sich endlos abzuarbeiten an einer Perfektion, die dann vielleicht trotzdem unbefriedigend bleibt", sagt Frank Spilker, hat Recht und bekommt dafür fünf Punkte.

Trackliste

  1. 1. Ich variiere meinen Rhythmus
  2. 2. Big In Berlin
  3. 3. Nichts wie wir's kennen
  4. 4. Dingeling
  5. 5. Solangehier-unterwegs
  6. 6. Biestbeat
  7. 7. Bevor Du losgehst
  8. 8. Das bißchen besser
  9. 9. Melodie d'Amour
  10. 10. Manchmal sagt man vertraute sachen vor sich hin
  11. 11. Respekt

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