laut.de-Kritik
Wer stört die Ruhe der Toten?
Review von Philipp GässleinDie Türen. Wenn sich eine Band einen solchen Namen gibt, kann sie zwei Intentionen haben: Entweder ist sie größenwahnsinnig oder sie hat sich groß und breit "Coverrock" auf die Fahnen geschrieben. Dem Debütalbum dieser Elektronikervereinigung nach zu urteilen gibt es allerdings noch eine dritte Möglichkeit: Offensichtlich haben die Berliner einfach keinerlei Ahnung von der Vorbelastung ihres Namens.
2003 haben sich Maurice Summen, Ramin Bijan und Gunter Osburg zusammen getan, um ihrer gemeinsamen Geschmacksverirrung zu frönen. Ihr Rezept: "Gemeinsam wird ein Songtext aus zufällig arrangierten, unzusammenhängenden Textfragmenten hergestellt, um dann mit Verblüffung festzustellen, daß es genau das ist, was jeder einzelne sagen wollte." Aha. Man kann ohne Weiteres vermuten, dass auch die Untermalung (musikalisch möchte ich in diesem Zusammenhang nicht in den Mund nehmen) so oder so ähnlich entstanden sein muss.
Hinter diesen Türen verbirgt sich ein wirres Zusammenspiel aus Synthiefetzen, Electropop und hörbar computergenerierten Gitarren. Das ganze Album wirkt total subtil und unausgereift. Texte wie "Spaß macht mir keine Freude, Vergnügen find' ich nicht daran" ("Öde An Die Freude") oder "Rette mein Herz, Welt macht Kopf kaputt, Stoß macht Beule" ("Starkstromelektriker") mögen den einen oder anderen Philosophiestudenten zum stundenlangen Nachdenken über gesellschaftliche Signifikanz bewegen, sind aber im Grunde genommen einfach nur nichtssagend und dämlich.
Lediglich "Mädchen Meiner Träume" und "Das Ende Der Woche" mit seinem richtungsweisenden Text "Wochenendrevolution - einen Standpunkt beziehen - mit Blick auf die Stadt - Die Pose als Position - Das Surfbrett für die neue Welle der Kraft" lassen auch musikalisch einen gewissen originellen Grundcharakter der Band erahnen. Die angesprochene "neue Welle" zeigt klar auf, wessen Geistes Kind sie sind. Vielleicht hätte jemand den drei Türen sagen sollen, dass diese Musikrichtung in Deutschland Ende der Achtziger begraben wurde - und das ist auch gut so. Nekromantische Versuche, den Stil von damals wieder aufleben zu lassen, sind, Gott sei Dank, zum Scheitern verurteilt und dürfen guten Gewissens als amoralisch bezeichnet werden.
Das Coverartwork - ein Panzermonster dirigiert eine Marionette, die mit Schweinekopf am Rednerpult des Bundestags steht - ist zwar eine nette Kritik an gängigen Verhältnissen. Diese ist aber leider mangels Sinngehalt der Texte nicht fundiert und ohnehin durch dilettantische Umsetzung und drei Ghostbusters-Verschnitte, die das deutsche Volk mit Laserkanonen vom Missstand befreien wollen, vollends zerstört. Vielleicht hätten die Türen nach dem Ende ihres Drogentrips das Werk noch einmal anhören sollen, um dann vielleicht einen Berufswechsel zu erwägen. Starkstromelektriker wäre passend.
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