laut.de-Kritik
Tropical House für die aktuelle Pop-Rap-Generation.
Review von Yannik GölzWenn Diplo gerade nicht als Teil des legendären Produzentenkollektivs Major Lazer House-Clubs weltweit beliefert, lebt er sein Faible für modernen Untergrund-Rap aus. Kollaborationen mit Nicky Da B, Lil Yachty und XXXTentacion zeigten den Mann regelmäßig der Kurve voraus, was Feature-Partner angeht. Mit der "California EP" liefert er nun ein mainstreamtaugliches Mosaik mittelgroßer Rapper der letzten Jahre, das vielen aufstrebenden Artists trotz etwas zu polierter Fassade zu neuen Facetten verhilft.
Was auf dem Papier als Hommage an seine Heimat gedacht ist, könnte ein zynischer Zuschauer auch als Seitenhieb auf die kommerzielle Oberflächlichkeit Kaliforniens verstehen, so schimmernd, glatt und fast überproduziert klingen die Instrumentals auf der kurzen Kollektion. Perkussionen auf Tracks wie "Worry No More" klingen schmerzhaft anorganisch und mancher Synth-Lead auf "Wish" oder "Suicidal" wäre auch ohne dreihundert Prozent Hall ausgekommen.
Lil Xan erhält auf "Colourblind" typisch kalte, melodische Elektro-Sounds, die vordergründige Bassline bringt ein wenig mehr Schwung in die "Betrayed"-Formel. Desiigner und Trippie Redd müssen zwar ein wenig von ihrer charakteristischen Exzentrik abgeben, funktionieren aber durch ihr Gefühl für griffige Harmonien auch im glatteren Pop-Kontext erstaunlich gut. Insbesondere wenn Diplo auf "Wish" die druckvollen Drums zu den flächigen Akkordfolgen in den Mix wirft.
Natürlich dominiert auf "California" der Sound von Tropical House mit den typischen Trap-Kniffen des Produzenten, aber dank der Abkehr von sich langsam abnutzenden Atlanta-Sounds in den Drum- und Basspattern fühlen sich die Protagonisten unerwartet frisch an. Am besten von allen trifft es indes DRAM, der trotz ziemlich starkem Mixtape "Big Baby DRAM" ein wenig auf dem Erfolg von "Broccoli" zu verhängen schien. "Look Back" besticht mit behäbigen, tiefenentspannten Gitarrenlicks, die zum fantastischen Refrain mit Falsetto-Delivery zu einem Funk anschwellen, der trotz des klaren Studio-Sounds deutlich mit Cee-Lo Green-eskem Funk kokettiert. Nicht nur die Vocals stellen ein neues Glanzstück in DRAMs Katalog dar, der gesamte Song bildet ein klares Highlight der EP.
Weniger beeindruckend fallen die Zusammenarbeiten mit Lil Yachty, Santigold und MØ aus, die allesamt ein wenig zu sicher in Pop-Gefilde gefahren werden, um die spezifischen Stärken der Gaststimmen wirklich zur Geltung zu bringen. Während MØ zumindest dank ihrer natürlichen Energie auf "Get It Right" Akzente setzen kann, fällt der uninspirierte Opener "Worry No More" ziemlich flach aus.
"California" bietet weder ein neues "Lean On" noch ein neues "Bubble Butt", aber dies war offensichtlich auch gar nicht das Ziel. Die fast durch die Bank direkt von Soundcloud weggecasteten neuen Gesichter in der Rapszene erhalten hier einen mächtigen Cosign.
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