laut.de-Kritik
Good Vibe-Granaten und Durstanreger aus Detroit.
Review von Michael SchuhEminem, The Supremes, Juan Atkins: Detroit, die Autostadt im nördlichen US-Staat Michigan, brachte im Laufe der Jahre schon so einige Lichtgestalten der Musikgeschichte hervor. Auch der Rock'n'Roll kam nicht zu kurz. Dafür sorgten finstere Gesellen wie Iggy Pop und Wayne Kramer, deren Kapellen The Stooges und MC5 zu Hippie-Hochzeiten mit dreckigstem Garage Rock eine kleine Revolution anzettelten.
35 Jahre später und im Fahrtwind der White Stripes rücken nun die Dirty Americans vom Stadtrand Detroits ins Zentrum des Geschehens, und natürlich wollen sie die Erfolgsgeschichte der Stadtheroen weiter schreiben. Der Anfang ist gemacht: Nach außen eine Anlehnung an die Grateful Dead, innen ein Debütalbum mit einigen dicken Rockknüppeln.
Debütalbum? Nicht ganz. Erfährt man, dass die halbe Mannschaft ehedem bei der semierfolgreichen Crossover-Band The Workhouse Movement in Lohn und Brot stand, verwundert die professionelle Abgeklärtheit der Dirty Americans schon weniger. Gleich die ersten beiden Songs hängen die Messlatte verdammt hoch: "No Rest" und "Car Crash" sind wahre Good Vibe-Granaten, Festival-Appetizer und Durstanreger in einem, was "Uh-uh-uhhh"-Chöre und der hohe Mitgröhl-Faktor nur unterstreichen: "Your love is like a car crash, you leave me bloody and take all my money". Kein neues Sound-Gebräu, aber absolut stimmig aufbereitet.
Ausgefeilte Arrangements und ein unerhörtes Feingefühl für Melodien erinnern mal an die Foo Fighters ("Strange Generation"), mal an Monster Magnet ("Control"), ohne jedoch zu sehr abzulenken. Überhaupt könnte man für die dreckigen Amis die Gattung Stoner Pop einführen, denn aus ihren akzentuierten Riffs krabbeln doch meist unerbittliche Ohrwürmer.
Warum das Quartett den guten Eindruck aber mit Songs wie "Burn You Down", "Deep End" oder "Way To Go" auf einen Schlag zunichte machen muss, bleibt ihr Geheimnis. Vorhersehbar und altbacken trieft es plötzlich aus den Boxen, als seien die Detroiter bloß ein weiterer lahmer US-Middle of the Road-Rock Act. Zusammen mit dem erwähnten "Control" rettet das verföhnte Psychedelic-Monster "Dead Man" sämtliche Abgründe in der zweiten Albumhälfte. Ausgelassen jammt sich die Bande um Sänger Myron hier durch fünf Minuten 70s-Rock'n'Roll, wie er auch 2004 noch bestens schmeckt. Für die Detroiter Hall Of Fame dennoch zu wenig.
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