laut.de-Kritik
Der Robin Hood der Elektronik verknüpft die verschiedenen Genres.
Review von Jasmin LützEine eher traumatische Erinnerung wurde geweckt, als ich das 5. Stück auf dem neuen Album "Volume 2" von "Echoboy" das erste Mal hörte. Dabei bin ich weiß Gott nicht zart besaitet. Aber bei "Make The City The Sound" durchzuckt mich immer wieder ein leichtes Schaudern. Es erinnert mich an die guten alten 80er Jahre, die ja schon so einiges zum Fürchten an sich hatten. Ich lag mit meinen jungen sieben oder acht Jahren im Bett und es war stockfinster. Das Radio lief, warum auch immer, und "Wir sind die Robotor" von Kraftwerk ertönte. Seitdem finde ich computer-animierte Stimmen ziemlich gruselig! Aber das Stück ist trotzdem irgendwie faszinierend.
Die Erinnerungen beim folgenden Stück sind deutlich positiver. Wunderbar melodisch dank meinem persönlich geliebten Orgel-Sound, steigert sich "Schram And Sheddle 262" ins Endlose. Bei meinem letzten Englandbesuch sah ich "Clinic" live in Manchester und diese benutzen auch dieses hervorragende Instrument. In der Mitte des Songs werden die verschiedenen Einflüsse von Echoboy sehr deutlich. Da zeigt sich auch mal wieder, wie wichtig der Bass eigentlich ist. ("Wir brauchen Bass, Bass!") Aha!
Daher also auch das Angebot der Britpopper Oasis, ihn als Bassisten einzustellen. Verstehe! Der Gitarrensound klingt wie vom Soundtrack zu Jim Jarmusch's "Dead Man". Neil Young lässt grüßen. Genialer Film im Übrigen und genauso genial ist eigentlich auch das Stück. Ein gelungener Cocktail, der jedoch bei Überverzehr etwas abführend wirken könnte. Das gilt eigentlich für die gesamte Platte. Aber zuviel ist ja bekanntlich nie gut, bei welchen Konsumgütern auch immer.
Sonderlich sympathisch sind mir natürlich die poppigen Einflüsse, die auch bei der ersten Singleauskopplung "Telstar Recovery" zu hören sind. Nette Vorstellung, wie der kleine Mann live dazu abgehen würde. Immerhin hat Mr. Warren ja auch über 10 Jahre in verschiedenen Popbands Gitarre gespielt. Erfahrungen hat er also genug gesammelt. Privat hört er auch ganz gerne Interpreten dieser Musikrichtung. Außerdem zählen die "13th Floor Elevators" zu seinen Vorlieben und die sind einem spätestens durch "You're gonna miss me" ein Begriff.
Ein recht auffälliges Stück ist auch "Kelly's Track". Kinderstimme mal eben rückwärts abgespielt. Hat wieder diesen gewissen Spooky-Effekt. Echoboy versteht es, die Hörer immer wieder aufs Neue in seinen Bann zu ziehen. Der Robin Hood der Elektronik-Musik versucht, sämtliche Genres miteinander zu verknüpfen, dabei heraus kommen neun unterschiedliche Farbvariationen. Mit Ende 20 ist er schon so was wie ein Überflieger am Elektro-Pop-Himmel. Ein Genie, wie manche sagen. Ein kleiner, unauffälliger Engländer mit großem Können und zeitloser Energie. Respekt!
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