laut.de-Kritik

Die Grande Dame des Techno zeigt sich experimentierfreudig.

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Sie ist die unbestrittene Grande Dame des Techno hierzulande. Seit den frühen 90er Jahren steht Ellen Allien fast jedes Wochenende an den Plattenspielern. Früher noch in legendären Locations wie E-Werk und Tresor, heute auf allen Kontinenten von Berlin über Moskau nach Sydney und wieder zurück. Ihren Sets das Attribut 'dancefloor-erprobt' zuzuschreiben, ist also mit Sicherheit nicht zu hoch gegriffen. Um so erstaunlicher sind die Töne, die sie nun auf ihrem neuen Album "LISm" anschlägt. Der Club kommt darauf höchstens als Randnotiz vor, die große Bühne ist experimentellen Töne vorbehalten.

Die Dominanz des Unkonventionellen zeigt sich schon beim Blick auf die Tracklist. Die besteht auf "LISm" nämlich nur aus einem einzigen Eintrag, der es dafür aber auf knapp 45 Minuten Spielzeit bringt. Entstanden ist dieser bereits im Jahr 2010 als Soundtrack für eine Tanzperformance, die anlässlich des Spectacles Vivants Festivals im Centre Pompidou in Paris zur Aufführung kam. Danach lagen die Sounds erst einmal für ein Weilchen auf irgendeiner Festplatte herum, bis sich Ellen Allien die beiden Produzenten Thomas Muller und Bruno Pronsato ins Studio holte, um die Sounds longplayertauglich zu machen.

Das sollte man im Fall von "LISm" aber nicht mit clubtauglich verwechseln. Denn das Album bleibt, was es von Beginn an war: Eine Klangcollage, die bei den Zuhörern Bilder im Kopf wachrufen will. Die ersten Minuten sind geprägt von gezupften Gitarrenakkorden, über denen Stimmfragmente von Ellen Allien schweben. Manches erinnert hier an die hypnotischen Balladen von Current 93 und anderer Neo-Folk Bands. Danach dominieren elektronische Sounds. Mal dunkel dröhnend, mal versatzstückartig montiert, wecken sie Assoziationen zu den frühen Releases von Warp Records.

Swingend Jazz-Loops sorgen anschließend für eine unerwartete Wende, die jedoch nur von kurzer Dauer ist. Schnell verfinstert sich die Stimmung wieder und beatlose Sounds tragen "LISm" weiter. Nach rund 25 Minuten Spielzeit geschieht dann das, womit niemand mehr rechnet: für einige Takte gibt eine gerade nach vorne kickende Bassdrum den Ton und ruft einem in Erinnerung, dass sich Ellen Allien, sei es als DJ, Produzentin oder Labelchefin von Bpitch Control, üblicherweise voll und ganz in den Dienst des nächtlichen Tanzvergnügens im Club stellt.

Auf "LIMs" bleibt diese Seite ihrer Künstlerpersönlichkeit auf wenige Momente beschränkt. Ein Vakuum entsteht dennoch nicht. Denn Ellen Allien füllt das musikalische Neuland mit allerlei Ideen: Genrezitate, Field Recordings und nicht zuletzt die Klangmanipulation oder besser Klangspielereien mit ihrer Stimme, die sich wie eine Art Leitmotiv durch die verschiedenen Phasen des Albums ziehen, zeigen die Berliner von einer bislang wenig bekannten Seite. Eine Seite, die zu entdecken mehr als lohnenswert ist.

Trackliste

  1. 1. LISm

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