laut.de-Kritik
Gar kein Hip Hop? Ganz recht. Scheißegal.
Review von Dani FrommMan hört sie schon beinahe, die ewigen Nörgler: "Möööh, das ist doch kein Hip Hop!" Nö, isses nicht. Hat auch niemand behauptet. Dass man als hauptverantwortlicher Produzent eines höchst erfolgreichen Rap-Acts durchaus andere Interessen hegen darf, bewies Embee schließlich bereits mit seinem Solo-Debüt.
"The Mellow Turning Moment" geht die eingeschlagene Straße noch ein Stück weiter, führt noch tiefer in die musikalische Aufgeschlossenheit von Embees Solitaria hinein. Fand man auf seinem letzten Album noch vereinzelte Rap-Tracks, verkneift sich der Schwede derlei inzwischen komplett.
Seine Herangehensweise, das zeigen die clever arrangierten, kunstvoll und detailreich zusammengeloopten Produktionen ein ums andere Mal, bleibt unverkennbar Hip Hop. Das Resultat: moderne Popmusik der interessantesten Sorte.
Zarte Soundgespinste webt Embee aus Piano-, Streicher-, Gitarrenklängen. "Workable" oder "Desire To Be Free" verraten ein Faible für Synthie-Pop. Jawoll, ein guter Popsong verträgt eine Dub-Reggae-Bassline: "Four Years Of Silence" scheint eigens geschrieben, um dafür den Beweis anzutreten.
Zu Beginn des Albums ähneln sich die Tracks noch stark in ihrer Ästhetik. Sämtlich angenehm, bieten sie aber wenig Abwechslung. Das ändert sich in der zweiten Hälfte. Leider ist es der einzige wirkliche Ausrutscher, der die Wende einläutet. "Yumi Yaka" gerät mit leisen Country-Anleihen arg schunkelig. Der Schlagersänger-Appeal von J.P George - wer immer das sein mag, ein Schlagersänger vielleicht? - verstärkt diesen Eindruck noch.
Dahinter hat Embee jedoch wahre Perlen gesetzt, das verträumt-verwehte, gar zauberhafte "Moonshine Bamboo" beispielsweise. San von der japanischen Elektro-Formation Antennasia: ein Mitbringsel von Embees mehrmonatiger Tour durch das Land der aufgehenden Sonne. Soul inklusive.
Die Produktion von "Desire To Be Free" wirkt, ihrem detailverliebten Hintergrund zum Trotz, erstaunlich schlank und übersichtlich. "Into The Sublime" zeigt sich ebenso melodisch wie vielschichtig. Wehmütige Streicher ruhen auf einem satten, dennoch dezent platzierten Bassfundament.
Mit "Still Dreaming" steht ganz am Ende noch ein Abstecher in Singer/Songwriter-Gefilde an. Erik Undéhn, Sänger und Gitarrist der schwedischen Indie-Shoegazer The Early Days, reiht sich neben Hello Saferides Annika Norlin und dem von Millencolin entliehenen Nikola Sarcevic in die illustre Gästeschar ein. Gar kein Hip Hop? Ganz recht. Scheißegal.
Noch keine Kommentare