laut.de-Kritik

Währenddessen in der Vergangenheit.

Review von

Die "Meanwhile" war eine ganze Weile; zwar ist das jüngste Werk von Eric Clapton schon seit Oktober im Stream zu hören, als Vinyl (und auf CD) aber erst seit Freitag. Die Struktur beziehungsweise der Anlass leuchtet zunächst nicht ein: "Meanwhile" versammelt sechs neue Songs und acht bekannte Singles. Schräg und letztlich nur eine Songsammlung mit allem, was seit 2020 anfiel. Schade, dass dieser Musiker konsequent (also ohne "Back Home") gezählt seit "Pilgrim" kein Album mit (fast nur) Eigenkompositionen, die in einem Albumkontext geplant aufgenommen wurden, vorlegen mag. Für eine solche Legende bemerkenswert.

Ein Blick auf das herzallerliebst sympathische Cover, an den Beginn des Videos zu Buddy Bradley erinnernd, entschädigt dafür aber schon ein gutes Stück weit. Vier der Lieder auf diesem Album sind von Slowhand (teils mit-) geschrieben, darunter die beiden ersten und das letzte. Dazwischen tummeln sich Traditionals ("Sam Hall"), American Songbook-Alikes ("Moon River", "Smile") und Rock-Klassiker ("Always On My Mind" & "You've Changed"); Van Morrison schrieb zwei der hier versammelten drei Kooperationen. Mit dem schimpfte er auf "Stand And Deliver" schon 2020 über die Lockdown-Maßnahmen, was, sofern man nicht Bundespräsident ist, angenehm aus der Zeit gefallen wirkt, und Van selbst nutzte den Lockdown bekanntlich sehr positiv. Mit "This Has Gotta Stop" gibt es noch einen zweiten Protestsong dazu, der musikalisch nicht wehtut.

Der verklärte Blick nach hinten auf dem Opener "Pompous Fool" passt leider zum Texter Clapton, die Nummer ist eine harmlose, beschwingte Angelegenheit, die nach hinten raus sogar merklich Swing gewinnt. Noch eine Idee mehr, dann wäre das eine richtig saubere, soulige Nummer geworden. Dagegen fällt "Heart Of A Child" zahnlos aus, in Kitsch gegossene Weinerlichkeit, mit wirrer Mischung aus Handykritik und Pazifismus.

Die Cover gehen größtenteils in Ordnung. Richtig klasse ist nur "The Call", das dem ewig unterschätzten Bob Neuwirth ein verdientes Denkmal setzt. Die Stimme des Sängers wirkt viel unmittelbarer und emotionaler als an allen anderen Stellen des Albums – und gefühlt der letzten vier. Das Solo sitzt passgenau, ist nicht Gimmick, alles ist rund und von einer angenehmen, lakonischen Schwere getragen. Zehn solche Songs, und Clapton hätte einen Meilenstein. Der hochkompetente Christen-Country-Musiker (und Nuklearingenieur im Hauptberuf) Bradley Walker übernimmt bei "Always On My Mind" das Zepter, Clapton spielt gerne und gut mit, die Stimmen harmonieren ausgezeichnet. Irgendwo gibt es von Christophers Song für Brenda Lee bestimmt eine noch überzeugendere Country-Adaption, aber danach suchen muss man nicht, die hier tut es auch.

Auf demselben Niveau pendelt sich "One Woman" ein, ein Cover von Bettis' Song für Randy Meisner. Lebendig und mit Spielfreude, konservativ nach Hause gefahren. "Moon River" dagegen ist Solo an Solo an Solo, ein Gegniedel-Vorwand, der dem Material nicht gerecht wird und dem Jeff Beck nicht weiterhalf. "You've Changed" und "Sam Hall" fallen irgendwo dazwischen, mit wenig Idee, aber viel Hingabe zum Song.

Jedenfalls besser als das Verbrechen "How Could We Know", auf dem alle Beteiligten hilflos trudeln über einem der für ihn zumindest in letzter Zeit typischen Schmierflecke von Songschreiber Dennis Morgan. Wie hätte man wissen können, wie grausig sich dieses Lied fertig produziert anhören wird?

Hierfür zeichnet auch Simon Climie verantwortlich, der das ganze Album über am Keyboard zu hören ist und von dem Clapton seit etlichen Jahren nicht wegkommt, obwohl er seit vielen Jahren abseits von Slowhand kaum mehr Erfolge verzeichnet. Dagegen bringt der dritte, grotesk selbstgerechte Song mit Van "The Rebels" etwas Schwung in die Bude. Kein echtes Highlight, aber okay auf einem Album, das zwischen Klasse und Kaffeekränzchen eine beachtenswerte qualitative Spanne aufweist.

Trackliste

  1. 1. Pompous Fool
  2. 2. Heart of a Child
  3. 3. Moon River feat. Jeff Beck
  4. 4. Sam Hall
  5. 5. Smile
  6. 6. Always On My Mind feat. Bradley Walker
  7. 7. One Woman
  8. 8. The Rebels feat. Van Morrison
  9. 9. The Call
  10. 10. How Could We Know feat. Judith Hill, Simon Climie & Daniel Santiago
  11. 11. This Has Gotta Stop feat. Van Morrison
  12. 12. Stand and Deliver feat. Van Morrison
  13. 13. You've Changed
  14. 14. Misfortune

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