laut.de-Kritik
Der Nachlassverwalter des Berliner Rap brütet.
Review von Dominik Lippe"Das ist Untergrund, das ist ILM. Kreuz die Finger für ein 'W'." Bislang wirkte Fäbson ein wenig wie der Nachlassverwalter des alten Berliner Rap-Schlages. Ein Düsseldorfer, der auf die persönlichen Helden nichts kommen lässt, selbst wenn diese sich längst selbst von ihrer Vergangenheit gelöst haben. Mit I Luv Money Records arbeitet er passenderweise mit einem Label zusammen, das die Anfänge von Bushido und Bass Sultan Hengzt begleitet hat und King Orgasmus One noch heute eine Heimat bietet. Dennoch wagt er mit dem Nachfolger zu "Resolution" einen Blick über die Grenzen.
"Longue Vie" orientiert sich von SCH bis Nekfeu an der jungen Garde französischer Rapper. Während sich Fäbson an der Seite von Hache-P von der mittlerweile aufgelösten Gruppe MZ in "Someil" dem synthiegeladenen Trap hingibt, bewegt er sich mit Jarod durch die wehmütige Atmosphäre des Titelsongs. Anders als so viele US-Amerikaner, die sich auf die Alben hiesiger Rapper verirren, trumpfen die Exporte der Grande Nation hörbar auf. Wenn Fäbson im betriebsamen "Swoosh" dagegen der Anspielpartner fehlt, fällt er in weniger stimmigen Trap nach Fler-Manier zurück.
Chefproduzent Ilan, der den düsteren Sound zu Zeiten von "Vom Bordstein Bis Zur Skyline" prägte, wirft für "Swoosh" untypischerweise die Popcornmaschine an. "Jeder Tag" mäandert zwischen elektronisch und mittelalterlich. Kollegahs kleinlaute Ode an den "Sommer" echot im Hintergrund zu "Müde". "Isoliert" wiederum untermalt Fäbsons Abgrenzung zum Rest des rappenden Gewerbes mit einer Art Beatmungsmaschine. Musikalisch am ehesten verzichtbar fallen dagegen die witzlose Hektik zu "Statussymbole" und das Minimal-Instrumental zu "Auf Der Suche Nach Dem Glück" aus.
Altbekannte Streicher durchziehen "Kerosin", womit der Song den Beweis erbringt, dass nicht nur Juri und Bushido eine Vorliebe für das Jahr 2003 hegen. Für knallharten Battle-Rap fehlt Fäbson die nötige Spur Skrupellosigkeit, wenn er über den oberen Brillenrand hinweg Rügen erteilt: "Wer ist dieser RIN? Wer versucht, zu singen? Diese Sprache macht kein' Sinn." Und dem hier als "Deutschrap sein Vater" auftretenden King Orgasmus One steht die Kritik ohnehin nicht zu. Was soll schon aus der Brut werden, wenn der Papa seit den 2000ern seine Zeit unter Drogeneinfluss im Bordell verbringt?
Nicht nur "Kerosin" erscheint zeitlich ein wenig deplatziert, es wirkt auch eigentümlich, die Single "Winter" mitten im Hochsommer zu veröffentlichen. Auf einer "Wolke der Nostalgie" schwebt Fäbson in Richtung der kalten Jahreszeit: "Im Winter bin ich kreativ. Schau' ins Feuer, sitz' nachdenklich vor dem Kamin." Dort genießt er die Isolation und sinniert über die gemeinsame Tournee mit Sido, während das orgelnde Instrumental den Schneefall vor dem Fenster akustisch nachbildet. Auch im wehmutsvollen "Die Letzten Seiner Art" naht der Winter unaufhörlich.
Vom frostigen Jahresabschluss ist es nur ein kleiner Schritt zum Thema Vergänglichkeit. An das mit dem Titel "Longue Vie" transportierte Versprechen glaubt der Düsseldorfer selbst nicht. "Mach dir klar, dass sich das Leben dem Ende zuneigt", brütet er etwa in "Jeder Tag" über die Endlichkeit des Seins. "Mein ganzes Leben lauf' ich schon geduckt", gesteht er sich in "Bang Bang" ein und schiebt die eher rhetorische Frage hinterher: "Werd' ich überhaupt alt?" Der Refrain wirkt da wie ein Befreiungsschlag: "Ich schieß' in die Luft, um mich zu befreien, ganz allein, bis die Wunden heilen."
Am Ende herrscht nur noch die Ermattung: "Ich bin so müde vom Stress, erschöpft und geb' mir Mühe, bis das Licht erlischt." Mit seinen depressiven Anwandlungen hat der Düsseldorfer wenig mit den Rap-Hedonisten gemein. Fäbson fehlt die Prise Anarchie, die nie ganz berechenbaren Berliner Figuren wie MC Bogy oder Orgi umweht. "Bescheidenheit zählt, ich war schon immer vernünftig", gibt er sich sympathisch reflektiert, aber fügt sich damit ebenfalls nicht in die Trap-Feuerwerke der Pariser Schule ein. So bleibt bei aller Freude zum Spiel die Erkenntnis: "Noch immer auf der Suche."
3 Kommentare
allein wegen ilan beats sollte man mal n ohr riskieren...
Dj Ilan ♥
Kann nur für mich selbst sprechen und ich sag euch das es ein hammer ablum geworden us von my bro fäbson gerade die französischen rappen auf dem Album mega!!