laut.de-Kritik
Reicht dein Funk-Verständnis für diese Not?
Review von Josef GasteigerSie sind längst Folklore im Musikbusiness, geliebt und verhasst: die Greatest Hits. Das Guckloch in das musikalische Schaffen, die Verdichtung der durchschlagkräftigsten Songs, hübsch zusammengepackt. Vor allem für Einsteiger ein leichter Griff (meist) ins CD-Regal. Like, wer's noch kennt. Oft haben Künstler mit den Veröffentlichungen solcher Best-Ofs selbst kaum etwas zu tun, es sind bloße vertragliche Obligationen. Oder die Künstler sind schon lange unter der Erde und können sowieso nicht mehr mitreden.
Im Falle der Legende Falco findet der geneigte Fan mit der vorliegenden "The Sound Of Musik" die 13. (in Worten: dreizehnte) Greatest Hits-Compilation. Aber Feste wollen gefeiert werden. Und obwohl der Wiener Strizzi seit 24 Jahren nicht mehr unter uns weilt, hätte er im gegensätzlichen Fall dieser Tage seinen 65. Geburtstag gefeiert. Scheinbar Grund genug, 18 Songs wieder auf Platte zu pressen, diesmal chronologisch von "Ganz Wien" bis "Out Of The Dark". Die Tracklist offenbart keine großen Überraschungen, einzig "Helden von Heute" hätte "Maschine Brennt" ersetzen dürfen, dafür ließe sich ein Fehlen des Spätachtziger-Versuchs "Data De Groove" durchaus verschmerzen.
Ansonsten versammeln sich auf "The Sound Of Musik" die Singles und Hits der Alben von Anfang bis Mitte der Achtziger mit dem Höhepunkt "Falco 3". Es folgt der kreative wie wirtschaftliche Abstieg, der den verbrannten Ikarus des Austro-Pops ab 1987 ereilte, nur um einmal noch eine Nostalgie-Welle inkl. legendärem Donauinsel-Auftritt Anfang der Neunziger zu surfen. Bevor sich die Welt dann weiterdrehte ohne Falco im gewohnten Rampenlicht, bis auf die Techno-Experimente, sodass viele im Februar 1998 bei der Nachricht sich und andere fragten: "Du, der Falco, der hat die letzten Jahre eh nix mehr gemacht, oder?"
Zuvor ging am Falken natürlich kein Weg vorbei. Die enorme Hitdichte essayierte man landauf, landab. Auch wenn sein Legendenstatus erst posthum zementiert wurde, überzeugen Klassiker noch heute mit ihrer Brillanz. "Rock Me Amadeus", "Junge Römer", "Vienna Calling", "Jeanny" und "Der Kommissar" sind beinharte Pop-Klassiker, die bis heute Fanscharen an das Denkmal am Wiener Zentralfriedhof pilgern lassen.
So geht es Schlag auf Schlag: Der eigenwillige Charme der gleich vier "Einzelhaft"-Nummern. Der runde Sound von "Falco 3", der Schmäh. Erste Sprechgesangs-Versatzstücke, die so rasant wie die Achterbahn im Wiener Prater zwischen Deutsch, Wienerisch und Englisch wechseln, in Falco-Manier überaus passend "Manhattan-Schönbrunner-Deutsch" genannt. Musikalisch sind die Songs verpackt in einer immer noch äußerst sympathischen Mischung von Pop-Synthies mit erdiger Rockinstrumentierung. Falco hatte in den Achtzigern einfach einen größeren musikalischen Farbkasten als alle anderen.
Braucht es diese Greatest Hits? Natürlich nicht. Die als Kaufanreize präsentierten neuen Mixe oder Edits von "The Sound Of Musik", "Body Next To Body", "Data De Groove" und "Rock Me Amadeus" bieten kaum neue Reize und lassen wohl nur eingefleischte Komplettisten zugreifen. Aber wer selbst die 15. Version von "Vienna Calling" sein Eigen nennen will, bitte schön. Dem Geiste Falcos gedenkt man besser mit einem Whiskey oder weißen Spritzer (aka Weißweinschorle) und den ersten drei Alben auf Rotation. Denn damals war er wirklich hoch wie nie.
3 Kommentare mit 2 Antworten
Hm, also Punkt 1: "Techno-Experimente" ist ein schiefer Begriff. Techno ist kein Oberbegriff für alle elektronische Musik, sondern eine Spielart. T>MA war eher Eurodance, allenfalls ein Hauch Rave, aber mit Inga & Annette Humpe entstanden, was schon mal ein Signal gibt, dass das evtl eher kein Techno-Experiment war.
Punkt 2: Das war nicht lange her, sondern 1.5-2 Jahre vor seinem Tod und lief ohnehin noch im Radio.
Punkt 3: "Mutter der Mann mit dem Koks ist da" war ein sehr gutes und erfolgreiches Lied, das "Nachtflug"-Album eines seiner erfolgreichsten in Österreich. Die These, dass Falco irgendwann weg war, lässt sich schwer untermauern.
Punkt 4: Dass es Musik schon auf anderen Tonträgern gibt, macht sie nicht schlecht. Du musst sie ja nicht rezensieren.
Like für diese Rezension, wirklich gut geschrieben. Nur frage ich mich auch, wie bei solchen Compilations die Bewertung zustande kommt.
Alle Songs sind gut, aber wer hätte das gedacht, es gibt keinen neuen Input von einem Künstler der seit 25 Jahren tot ist?
Vielleicht wäre es eine gute Idee, bei der Rezension von Compilations oder Re-Issues die Sternebewertung einfach abzuschalten.
Vielleicht liegt noch was bei Falco auf dem Dachboden rum. Gott, unterschätzte niemals Die baguette ähh Dachböden.
Den Inhalt sämtlicher Dachböden sie schon auf den Alben "Out of the Dark", "Verdammt wir leben noch" und "The Spirit never Dies" verbraten. 13 Jahre danach würde ich sagen: Da ist nichts mehr.
i thought this guy is dead - wow