laut.de-Kritik
Noch mehr Politparolen gegen das System.
Review von Jasmin LützDer fidele Senior-Punkrocker Peter Hein feierte 2002 sein erstes Comeback mit den Fehlfarben und stand dabei "Knietief im Dispo". Die 80er erleben täglich ihre Wiedergeburt, der Kontostand liegt immer noch im Minus, in allen Kneipen herrscht totales Deckelverbot, und die Tabus sollten immer mal wieder ausgesprochen werden.
Wirklich? Auf jeden Fall ist es Zeit, die legendären Indie-Opas von Family 5 mit einem neuen Studioalbum nach fast einem Jahrzehnt zurückkehren zu lassen. "Wege zum Ruhm" ist eine Rockoper im Geiste der guten alten Demonstrantenzeit, die einem allerdings nichts Neues erzählt.
Schon zu Beginn der Platte merkt man, wer hier die Indie-Hosen trägt. Peter Hein und seine Verwandtschaft halten sich auch nach zehn Jahren an die direkten und gängigen Politparolen gegen das System. "Family Five sind wieder in der Stadt" ("Neue Hosen"). Rette sich wer kann! Im Herzen sind sie immer noch Vollblutpunks und die Statements immer wieder die selben. Musikalisch gesehen halten sie dem New Wave Ska-Punkrock ebenfalls die Treue, und dabei geht die Blaskapelle einem doch zunehmend auf den Keks. Biene Maja muss täglich das Sägen von Geigenmonster Thekla ertragen, ähnlich anstrengend ist das Mundgebläse von Markus Türk und Hatti Graeber.
Das gesprochene Wort und Peter Heins unverkennbare Kratzstimme stehen hier jedoch im Vordergrund. "Manchmal wenn ich an dich denke, dann macht mein Hirn Überstunden". Da weiß wohl jeder sofort, was gemeint ist. Keine verschnörkelten Rhetorik Reime, sondern erlebte, verständliche Gedanken aus dem Alltag. Zu oft erinnern die allerdings an die Wahnsinns-Aussagen der Düsseldorfer Jägermeisterpunks Toten Hosen. Da hört auch keiner mehr hin. Wo sind die Hymnen gegen die Spießer dieser Welt, und wo bleibt die Selbstironie, wie damals bei "Der Schaum der Tage"?
Viele Bands kritisieren zur Zeit die amerikanische Präsidentschaftswahl und bestärken die Aussage: "Bush ist ein Arschloch"! Bei Hein & Co. geht es auch um die Regierung und Medienmacher, die kein Mensch braucht. "Knebelt Dieter Bohlen und sperrt Gottschalk in den Schrank." ("Wo's lang geht"). Das kann man gar nicht oft genug betonen, oder? Weitere Feindbilder bezeichnet er hier als "Quotenmucker". Da werden geldgierige "Popstars" erwähnt, wie Nena oder Westernhagen. Puh, die gelisteten Namen zeugen nicht gerade von einer kreativen Recherche. Ist doch klar, dass das alles Idioten sind und der Medienterror mit Naddel und Co. Überhand nimmt. Und sicherlich verdienen sie zu viel Geld, aber hey, Peter, wolltest du nicht selber, dass die Leute aufhören zu jammern? Oder ist es doch letztendlich nur "Der Neid"?
Ein bisschen mehr frischen Wind hätte ich mir bei der wieder zusammengeführten Familie schon gewünscht. Dann lieber die Fehlfarben-Revolution mit "Es geht voran"! Punk sein, schön und gut, aber in zwanzig Jahren hat es sich doch ein wenig verändert, Rebellion und Rotzerei geht auch anders. Bestes Beispiel dafür, die Labelkollegen aus Köln Angelika Express, die mittlerweile nicht nur in der Rheinstadt ihre Parolen hinterlassen.
"Ich kann keine Musik mehr hören", sage ich mir auch oft und gerne, und von diesem Familienfest bin ich eher enttäuscht. Schön zu wissen, dass in Düsseldorf weiter der Punkrock neben der Kö flaniert, aber dann lieber etwas modischer. "Wie ihr's auch dreht und wendet, ihr seid doch zu spät" ... Stimmt!
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