laut.de-Kritik

Die Krautrock-Legende hat jetzt eine Stimme.

Review von

Faust gehören zusammen mit Neu!, Harmonia und Cluster zu jenen Bands, deren experimentelle Sound-Jams in den 70er Jahren Journalisten unter dem Genrebegriff Krautrock eingeordnet haben. Seither steht der Begriff synonym für eine spezifisch deutsche Spielart von Rock, die sich neben ihrem Hang zur Improvisation vor allem auch durch eine überaus melancholische Grundstimmung auszeichnet. Die ist als Trademark auch auf dem neuesten Faust-Album "C'est Com ... Com ... Compliqué" präsent - zumindest zu Beginn.

Das ist alles andere als selbstverständlich, denn im Line-Up von Faust finden sich heute mit Jean-Hervé Peron und Werner "Zappi" Diermaier nur noch zwei Gründungsmitglieder. Die anderen Faust-Gründer haben die Band entweder schon vor Jahren verlassen oder führen, wie im Fall von Hans-Joachim Irmler, das Erbe der Band mit neuen Musikern fort. Verwirrenderweise tritt jedoch auch Irmler unter dem Namen Faust auf, so dass es stets weiterführender Recherche bedarf, um herauszufinden, welche Köpfe sich gerade hinter dem Namen Faust verbergen.

Für die Aufnahmen von "C'est Com ... Com ... Compliqué" hat sich Amaury Cambuzat von der 1993 gegründeten französischen Postrock-Band Ulan Bator zusammen mit den beiden Faust-Gründern ins Studio begeben. Der Franzose gehört seit 2005 zur Krautrock-Legende und war seither an allen Studioalben der Band beteiligt. So auch an der Kooperation mit der britischen Industrial-Legende Nurse With Wound aus dem Jahr 2007. Irmlers charakteristische Orgel-Sounds hingegen sucht man hier vergebens.

Auch der über lange Jahre charakteristische Groove von Faust, befindet sich heuer in der Auflösung. Die mächtige Wall-Of-Sound ist ebenfalls eine Sache der Vergangenheit. Dafür orientieren sich Faust mit dem aktuellen Album in Richtung Songwriting. Die auffälligste Entwicklung: Während die alten Faust-Sachen ausschließlich instrumental waren, ist die menschliche Stimme neuerdings in beinahe allen Stücken präsent und emanzipiert sich - vor allem als zusätzliches Mittel der Klangerzeugung.

Freilich machen diese Entwicklungen Faust noch längst nicht zu einer Popband. Wohin sich Faust in Zukunft entwickeln werden, darf man gespannt beobachten. Eines haben sie mit "C'est Com" in jedem Fall bewiesen: Sie sind auch nach mehr als 30 Jahren noch immer in der Lage, sich weiterzuentwickeln.

Trackliste

  1. 1. Kundalini Tremolos
  2. 2. Accroche A Tes Levres
  3. 3. Ce Chemin Est Le Bon
  4. 4. Stimmen
  5. 5. Petits Sons Appetissants
  6. 6. Bonjour Gioacchino
  7. 7. En Veux-tu Des Effets,En Voila
  8. 8. Lass mich
  9. 9. C'est Com ... Com ... Compliqué

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