laut.de-Kritik
Hat der Zorn die Schweizer verlassen?
Review von Mathias MöllerGentlemen Records, das kleine, aber stets geschmackssichere Label aus Lausanne, beglückt uns mit einem neuen Longplayer der Schweizer Alternativerocker aus der gleichen Stadt am Genfer See. Schon 2005 ließ mich das Sextett mit "Old And Strong In The Modern Times" aufhorchen.
Doch "Bigger Mountains, Higher Flags" zeigt Favez von einer neuen Seite. Sie verzichten auf den Druck des Vorgängers und bewegen sich mehr in Richtung Pop, ohne sich dabei einer weichgespülten Belanglosigkeit anzubiedern. Dafür maximieren sie die Eingängigkeit, holen aus ihren Melodien alles heraus.
Nach etwa der Hälfte des Albums sticht "The Goodbye Song" heraus. Bei einer Spielzeit von fast acht Minuten, lässt sich der Track erst mal zwei Minuten Zeit, um sich zu entwickeln. In einem Anflug von Selbstironie singt Frontmann Chris Wicky: "Like a goodbye song, that goes on too long" - die Nummer zieht sich tatsächlich hin. Glücklicherweise folgt mit "The Torch Song" dann ein knackiger Weckruf.
Fast klingt es so, als hätte sie der Zorn verlassen und Favez hätten einen altersreifen Frieden mit der Welt geschlossen. Doch der Schein trügt. In "Naked And Gasolined" üben sie Medienkritik, das von einer Pianolinie getragene "If I Didn't Come For Forgiveness" legt das Gefühlsleben des Sängers offen: "The silence never eases any pain".
Mir persönlich haben die rockigeren Favez etwas besser gefallen, aber "Bigger Mountains, Higher Flags", das mittlerweile sechste Album der Schweizer, wird seine Freunde - nicht zuletzt auch dank der hinzugekommenen Tastenmenschen Jeff und Maude, die zum runderen Sound beitragen - finden. Mit Sicherheit.
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