laut.de-Kritik
Das Space-Shuttle ist aufgetankt und wartet schon wieder.
Review von Christoph DornerDie Rezeption der Flaming Lips schwankt mittlerweile zwischen standhafter Heroisierung und einem vermehrten Aufstöhnen ob der künstlerischen Exzesse der "Fearless Freaks" aus Oklahoma.
War ihr letztes Album "At War With The Mystics" bereits ein spleeniger Prog-Pop-Batzen, so musste man sich bei ihrer düster-trashigen DIY-Space-Odyssee" Christmas On Mars" schon quälen, um den 80-minütigen Streifen überhaupt durchzuhalten.
Wohin geht also die Reise mit "Embryonic", dass mit 18 Songs und einer Spielzeit von 70 Minuten wie ein Epos anmutet? Man könnte sagen: Zurück in die Zukunft. Denn einerseits leben sie weiterhin ihre ganz eigene Pop-Vision von einem fremden Stern aus. Andererseits ist das untergärige "Embryonic" deutlicher denn je von Progressive Rock, Krautrock und Mushroom-Psychedelic der späten 60er und frühen 70er Jahre beeinflusst.
"I wish i could go back / back in time", singt Wayne Coyne in "Evil" seufzend. Man wundert sich schon etwas, dass Entschleunigung und Schwermut – beides bereits von "Christmas On Mars" gelungen eingefangen - nun auch musikalisch so stark Einzug halten. Gleichsam haben die Flaming Lips lange nicht mehr so nahbar und erdig geklungen. Das Schlagzeug scheppert unjustiert in "The Sparrow Looks Up At The Machine", die Gitarren jaulen störrisch im Opener "Convinved Of The Hex". Bei "See The Leaves" ist es der Bass, der bratzend zwischen irrlichternder Glockenspiel-Elektronik und zerplatzenden Vibraphon-Feuerwerken die Spur hält.
Man hat fast das Gefühl, den Flaming Lips bei einer Session in einem kleinen, nicht gerade perfekt mikrofonierten Proberaum mit Dunstglocke zu lauschen. Wayne Coyne hat sich vom croonenden Grinsebarden zu einem schmalbrüstigen Fatalisten mit Reverb auf der Stimme gewandelt. Man höre zum Beweis nur einmal die schöne Miniatur "If" und das ebenso minimalistische "Gemini Syringes", deren eher im Ambient verhafteter Ansatz man im positiven Sinne Soundtrack-Qualitäten attestieren kann. Gleichsam bleiben hervorstechende, geradlinige Songs bei der quasi-experimentellen Versuchsanordnung von "Embryonic" unweigerlich auf der Strecke.
So ist das Album ein Fest für Hörer, die bei dem Sechsminüter "Powerless" die Anleihen an Velvet Underground hören oder von freigeistigen Referenzen wie dem elektrischen Miles Davis und frühen Pink Floyd nicht überfordert sind. Von der Teilnahme von Yeah Yeah Yeahs-Sängerin Karen O, die zum Grusel-Pop von "I Can Be A Frog" hysterische Tierlaute beisteuert, und MGMTs Fuzzbox-Einsatz im Space-Stoner "Worm Mountain" darf man sich nicht täuschen lassen. Irdisch-modische Popmusik bleibt den Flaming Lips mit diesem reichhaltigen, endzeitlichen Alterswerk nach wie vor völlig fremd. Sie sind weiterhin in ganz anderer Mission unterwegs. Das Space-Shuttle ist aufgetankt und wartet schon wieder.
2 Kommentare
ja und? warum 3 punkte?
das steht in dem sinnlosen geschreibsel von herrn dorner nicht drin.
dann auch noch solche sätze
Zitat (« Gleichsam haben die Flaming Lips lange nicht mehr so nahbar und erdig geklungen. »):
also "nahbar" finde ich das ehrlich gesagt nicht.
und die band heißt immer noch THE flaming lips.
haste recht.
"embryonic" ist doch komplett entrückt und fern jeder nahbarkeit. und das mit vorsatz.