laut.de-Kritik
Volle Kraft zurück!
Review von Hardy FunkFoxygen streifen sich gerne mal ein Blumenshirt über, lassen sich vor Blümchentapeten fotografieren und schrecken sogar vor Blumenkränzen als Kopfschmuck nicht zurück. All das mit einem Grinsen im Gesicht, das nicht die geringste Spur von Ironie enthält. Entsprechend gilt auch für die Musik: volle Kraft zurück! Und zwar in die Sixties, Sehnsuchts-Epoche aller zu spät geborenen Blumenkinder. Dabei gelingen Sam France (Gesang) und Jonathan Rado (Gitarre, Keyboard) derart bestechende Pop-Songs, dass man ihnen den eskapistischen Blick in den Rückspiegel fast verzeiht.
Da wäre zum Beispiel das verführerisch schläfrige "No Destruction", in dem France vom Ende einer Jugendfreundschaft erzählt und dabei mal nach Lou Reed zu "Transformer"-Zeiten, mal nach dem Bob Dylan von "Blonde on Blonde" klingt. Zum relaxten Midtempo-Beat gesellen sich unaufdringliche, luftige Klavier- und Gitarrenakkorde sowie vereinzelte Background-Gesänge. Dazu eine Orgel, die Produzent Richard Swift aus dem Studio geklaut haben muss, in dem Bob Dylan einst "Highway 61 Revisited" aufgenommen hat.
Im zuckersüßen "San Francisco" nennen Foxygen schon im Titel den mythischen Ort der Hippie-Bewegung, nur Monate nach dem Tod von Scott McKenzie, der der kalifornischen Stadt einst ihre Hymne gab. Statt des getragenen und etwas kitschigem "San Francisco (Be Sure To Wear Flowers In Your Hair)" meint man aber einen bisher verschollenen Song der Kinks zu hören, so glaubwürdig imitiert France den lässigen, kindlichen Gesang von Ray Davies. Lediglich der Kinks-typische bittere Sozialkommentar fehlt.
Foxygen erzählen lieber assoziativ verpackte Liebes- und Freundschaftsgeschichten. Zudem äußern sie mehrmals den Wunsch, anderswo ein sorgenfreieres Leben zu führen, ob "In The Darkness" oder "On Blue Mountain". Eben das mutet etwas naiv an. Zeilen wie "There's no need to be an asshole/ You're not in brooklyn anymore" hört man unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt trotzdem immer gern.
Noch schneller als auf Foxygens Erstling "Take The Kids Off Broadway" stellt sich beim Anhören aber ein zunehmend fader Retro-Beigeschmack ein. Ohne Frage, die Lieder hier sind eingängig und stimmig. Aber eben auch weniger wild, weniger roh und weniger spannend als beim Vorgänger. Das US-amerikanische Duo hat seinen ADHS-Songs Ritalin verabreicht, Ordnung in sein einstmals chaotisches Kinderzimmer gebracht. Mit der Folge, dass es nun etwas zu geschmeidig durch die 36 Minuten des Albums geht.
"We Are The 21st Century Ambassadors Of Peace & Magic" bildet - ähnlich wie zuletzt Tame Impalas "Lonerism" - die perfekte Ergänzung zu Instagram und Hipstamatic. Denn zum perfekten imaginierten Trip in die Vergangenheit mittels augenblicklichem Foto-Retro-Filter fehlt eigentlich nur noch der entsprechende Sound. Gerade eben erschienen und doch das wohlige Gefühl der ereignisreichen Sixties transportierend.
Und so sind es vielleicht die weniger geradlinigen Songs, die einem länger Freude bereiten. Denn bei "On Blue Mountain" oder dem Titelsong spielt die Band ihre einstige Stärke, mehrere Songs schlüssig in einen zu packen, noch einmal überzeugend aus. Und versinken damit nicht komplett in purer Retro-Seligkeit. Auf Albumlänge ist beim Glätten des Konzepts leider zu oft das Aufregendste an Foxygen verloren gegangen.
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