laut.de-Kritik
Ein Breakup-Album ohne Tränen.
Review von Kai ButterweckEine Show vor ausverkauftem Haus in der Londoner O2-World und eine vierminütige Rock'n'Roll-Verneigung während der Eröffnungszeremonie der letzten olympischen Spiele haben Frank Turner die letzten Punkrock-Knochen gebrochen. So empfindet es zumindest die Distortion-verseuchte Die-Hard-Community, die dem emsigen Londoner Weltenbummler nun schon seit mehreren Jahren auf die Akustik-Klampfe spuckt.
Frank Turner macht sich da schon lange keinen Kopf mehr: "Denen bin ich mittlerweile viel zu hip. Aber das ist mir völlig egal. Ich mache, wozu ich Lust habe und wem meine Musik nicht gefällt, der muss ja nicht hinhören", so der ehemalige Million Dead-Frontmann.
Auch mit seinem neuen Album "Tape Deck Heart" dürfte Frank Turner kaum einen engstirnigen Alteingesessenen zurückgewinnen, denn wie auf allen vorangegangenen Werken gibt auch hier in erster Linie der Unplugged-Sechssaiter den Ton an.
Zwar drängt sich die anwesende Backgroundbelegschaft hin und wieder mit verzerrten Einschüben in den Vordergrund, doch leuchten die Spotlights immer dann am hellsten, wenn der Verantwortliche seine humorvollen Lyrics in trauter Lagerfeuer-Runde zum Besten gibt - und das tut Frank Turner auf seinem mittlerweile fünften Studioalbum ziemlich oft.
Mit ruhiger Hand und dem Gespür für langlebige Harmonien verpasst sich der Brite auf Songs wie "The Way I Tend To Be" , "Good & Gone", "Tell Tale Things" oder "Anymore" selbst diverse schallende Beziehungs-Ohrfeigen. Charmant und reflektiert schlüpft er wahlweise in die Rolle des Opfers oder des Täters.
Verlust, Hoffnung, Trauer, Schmerz und Freude: die Palette an Emotionen ist breit gefächert. Es geht im Wesentlichen um Veränderungen, um Dinge, die sich in der jüngeren Vergangenheit aus dem Leben von Frank Turner verabschiedet haben. Was bleibt ist die Hoffnung auf Besserung.
Songs wie der Dur-lastige Opener "Recovery", das nicht minder schwungvolle "Losing Day" oder die viereinhalbminütige Mittelfinger-Hymne "Four Simple Words" ersticken aufkommende Tristesse bereits im Keim. Denn auch wenn es sich bei "Tape Deck Heart" im Grunde um ein klassisches Breakup-Album handelt, halten sich schluchzende Standards weitgehend im Hintergrund.
Weder der orgelgeschwängerte Midtempo-Rocker "Polaroid Pictures" noch der sich episch steigernde "The Fisher King Blues" ebnen aufziehenden Melancholien ein Langzeit-Fundament. Stattdessen schwingt mit jedem Akkord Aufbruchsstimmung mit: Alles wird irgendwie gut werden. Vielleicht nicht gleich heute, aber spätestens irgendwann. Noch unsicher, wie der eigene emotionale Restmüll entsorgt werden soll? Hier ist der perfekte Soundtrack um wieder Licht ins Dunkel zu bringen.
2 Kommentare
Wie bei allen Werken von Frank braucht es nur ein paar Akkorde und man merkt das hier 1000 Prozent authentische Musik vorgetragen wird. Früher spielte Er in Kneipen und heute füllt Er problemlos Hallen...trotzdem hat man immer das Gefühl das Frank gern mal mit dem ganzen Publikum in die Kneipe schunkelt. Seine oft ausbrechende Punkrockattitüde gepaart mit klassisch britischen Tönen helfen umso mehr die Musik generationsübergreifend zu transportieren. Tape Deck Heart hat wirklich alles was man von Frank sowieso schon kennt...ich bin froh das alles an seinem gewohnten Platz ist und Frank ohne Frage weiterhin einer von uns ist Ach ja ich empfehle die Limited Deluxe Edition zu kaufen...dafür bekommt man 6 wunderbare Zugaben!
Dieses Album bringt einen durch's Jahr - romantisch-süß genauso wie punkig-laut, wundervolle Mischung und positive wie negative Thematik. DANKE