laut.de-Kritik
Bei so viel Bierseligkeit stellt sich die Frage nach den Leberwerten.
Review von Oliver LambrechtVor 15 Monaten veröffentlichten Friska Viljor in Deutschland das rauschgeschwängerte "Bravo!" und zeigten, wie unterhaltsam der Suff sein kann. Auf Konzerten standen die erhobenen Zeigefinger zusammen mit den anderen vier Fingern selig in Reih und Glied, um vor Begeisterung zu klatschen. Jeder lernte noch mit dem ersten Höreindruck die Refrains auswendig. "Ohoh" hier, "Lalala" dort und "We Are Happy Now".
Das zweite Album unterscheidet sich anfangs nur im Titel vom Debüt, enthält ebenfalls elf Lieder und rotiert mit etwas mehr als 42 Minuten nahezu gleichlang im Laufwerk. Der zehnte Song vom Erstling ("Monday") heißt nun "Sunday", spielt aber auch mit treibenden Elektro-Beats. Der Rest besteht aus "Lala"- oder "Ahah"-Chören hier, erhabene Momente dort und überall die Mandoline um Verwechslungen mit anderen Gruppen vorzubeugen.
Dem abwechslungsreichen "Bravo!" steht das Zweitwerk in nichts nach, eher wirkt es noch verspielter, noch reicher an Nuancen und damit sogar noch besser. Der Sound zwischen Folk und Pop verdichtet sich neben Gitarren und Keyboards auch dank der Hinzunahme von Glockenspiel oder Bläsern. Friska Viljor bedienen sich aller Mittel, wenn es der Unterhaltung dient. Und so hält das Album, was die bereits veröffentlichte druckvolle Single "Old Man" versprach.
Rund um den kleinen weisen Schwank aus dem Alltag eines trägen Erzählers musizieren sich die Bläser in die Atemnot. In gewohnter Manier wiederholen die Skandinavier den Refrain ("Ahahahah"), bis ihn jeder im Schlaf mitsingen kann. Außerdem schwingen sie immer wieder auch die Ironiekeule. "The Cure" klingt beispielsweise, als würden The Cure die Shout Out Louds covern. Robert Smith sollte diese Herangehensweise mal in Erwägung ziehen.
Selbstverständlich treffen Joakim Sveningsson und Daniel Johansson auch dieses mal nicht immer den genauen Ton, oder die Stimme bricht zwischendurch weg. Dennoch nehmen die beiden den Hörer mit. Die Maxime "Let's do something out of the ordinary, let's do it good and do it now" geben sie in "Arpeggio" zum Besten und fassen die Essenz ihres Schaffens mit Leichtigkeit zusammen. Gleiches gilt für "On And On", das wunderbar an "Tell Me" (Lied 11 von "Bravo!") anknüpft.
Die Stimmung wechselt zwischendurch auch mal ins Melancholische oder Bedrückende. "Oh No" erzählt von einem ruinierten Weihnachtsfest, dessen Geschichte nun immerhin für Unterhaltung sorgt. Die Stimmung rettet daraufhin das beschwingte "The Streets Sound Like". Ebenso holt "Sunday" die wegen "Dear Old Dad" vor dem Vater schmachtenden Indiepopper wieder auf die Beine. Wenn sie nicht zu tief ins Glas geschaut haben, können sie sich auch auf diesen halten.
Bei all der Euphorie rund um die Band muss man sich nur langsam Sorgen um die Leberwerte machen ...
4 Kommentare
Wer kann, sollte unbedingt eines ihrer derzeitigen Konzerte besuchen. Gestern in Dresden erlebt, war einfach großartig!
ich hab ja noch nicht mal die platte geschafft
Wollte eigentlich, nachdem ich zwar "TdH" noch nicht gehört, aber von "Bravo!" schon recht begeistert war, am 1. schon aufs Konzert nach Regensburg gehn, habs aber leider nicht geschafft.
Wie ist denn "TdH" so einzuschätzen? Besser als "Bravo!"?
schlechter als bravo. aber ok.