laut.de-Kritik
Uninspirierter Reggae statt himmlischer Posaunen.
Review von Frieder HaagFürchtet euch, denn euch ist heute der "Highland" geboren. Und statt himmlischer Posaunen hat er uninspirierten Reggae dazu auserkoren, seine Botschaft zu untermalen. Diese Botschaft ist schnell erzählt, dreht sich die Persona GReeeN doch schon seit jeher um das grüne Kraut. Mal ein, zwei Songs: Bitte, gern! Aber doch nicht über 15 Titel.
Dabei beginnt "Highland" ganz vielversprechend. Der Dub-Bass wummert, GReeeN singt angenehm, es grooved ganz gut. Auch die folgenden Titel "Van Gogh" und "Orchidee" bergen keine Überraschungen, moderner Reggae trifft seichten Gesang. Nach dieser geballten guten Laune wünscht man sich dann aber etwas Abwechslung.
Diese Abwechslung bringt "Eiszeit", jedoch leider schlechter Art. Das schlüpfrige Dancehall-Drum'n'Bass-Crossover ist bestimmt witzig gemeint, erregt aber akute Fremdscham. Slicks Retorten-Beat in Kombination mit Zeilen wie "Wenn sie sich jetzt vor mich stellt brauch ich einen Waffenschein. Ich bin ein Revolverheld und ziehe jetzt mein Magnumeis" sorgt für Gänsehaut und ein Fingerzucken in Richtung Skip.
Auf "Prophet" ist zwar das musikalische Fundament mit Roots-Einschlag gefälliger geraten, GReeeNs Nölen über seinen Status als Wunderkind geht trotzdem mächtig auf die Nerven. Dass die Weltrettung ausgerechnet von einem bekifften Reggaesänger ausgehen soll, erschließt sich mir nicht. "GReeeN for President"? Nein danke.
Sowieso sollte man ernsthafte Themen niemandem überlassen, dessen Lösung für die Probleme der Welt im Konsum von Marihuana liegt. So viel Spaß der Konsum machen mag, die völlige Ignoranz gegenüber komplizierten Erklärung disqualifiziert direkt.
"Geld ist Schrott" heißt es auf "Van Gogh", Ökonomen auf der ganzen Welt erstarren ob dieser Analyse in Erfurcht. Keine Frage, Musik ermöglicht keine ernsthafte Auseinandersetzung mit sozialen und wirtschaftlichen Fragestellungen, insbesondere von der Größenordnung Kapitalismus. Auch der verkopfteste Zehn-Minuten-Rapsong ersetzt kein Buch, Musik als Kunst kann lediglich kommentieren und anregen. In diesem Kontext ist es gewiss kein Vorwurf, Themen nur oberflächlich anzureißen. GReeeN scheint aber davon überzeugt, mit seiner Grundschul-Kritik einer ganz heißen Sache auf der Spur zu sein. Das zieht bestimmt bei seiner Fanbase gut, zeigt aber auch eine mangelnde Beschäftigung mit komplexen Sachverhalten. Die stumpfe Parolen sind mehr Bestätigung der Blase, denn ernsthafte Lösungsansätze. Wenn wir alle kiffen würden, wäre die Welt kein besserer Ort, wir wären nur alle bekifft.
Genug auf Kiffen rumgehackt. "Oh Fuck" ist einer der wenigen Höhepunkte, und der Song macht die Droge noch mehr zum Thema als der Rest des Albums. Die Legalize-It-Hymne zeigt aber im Gegensatz zu vielen anderen Liedern das Talent, über das GReeeN zweifelsohne verfügt. Die flüssigen Reime über rassistische Wurzeln der Marihuana-Prohibition gehen gut ins Ohr, der Text zeigt die Probleme einer gescheiterten Drogenpolitik auf.
Eine weitere positive Abwechslung ist "Leben" mit Sinth. Der Pop-Song bricht mit der Offbeat-Gitarre und weckt förmlich aus der vernebelten Langeweile der vorherigen Songs auf. Leider ist der Stilbruch nicht von Dauer.
GReeeN klingt in seinen besten Momenten wie der frühe Alligatoah ("Ab & An") und dichtet wortgewandt und eingängig. Die durchgehende Eindimensionalität gepaart mit uninspirierter Produktion langweilen jedoch nach drei Liedern, um dann zunehmend zu enttäuschen. Schafft man es bis "Lichtblick" am Ende des Albums, fragt man sich, ob Marlene Mortler wirklich unrecht hatte.
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