laut.de-Kritik
Wo ist John Travolta? Wir wollen mit ihm den Dancefloor regieren!
Review von Anne NußbaumMit ihrem zweiten Album "Ten" tritt Gabriella Cilmi ein schweres Erbe an. "If there's lessons to be learned / I'd rather get my jamming words in first." So trällerte sie 2008 aus allen Radioboxen. Der lässige Beat von "Sweet About Me" klingt uns immer noch in den Ohren. Die grandiose Stimme, der unbefangene Popsound und das süße Gesichtchen veranlassten manche Kritiker zu regelrechten Lobeshymnen auf die junge Australierin.
Der Opener "On A Mission" stellt nun aber gleich eines klar: Hier hat jemand den Sound der 80er für sich entdeckt. Zum Refrain bauscht sich der Song auf und wächst sich zu einer fast rockigen Nummer aus. Der dominante Synthie erinnert stellenweise an "Jump" von Van Halen.
Auf "Hearts Don't Lie" ringt uns Gabriella mit eingängigen Melodien und einer Portion Disco-Flair ordentlich Fußwippen ab. "Saturday Night Fever"-like drängt es uns auf die Tanzfläche. Wo ist John Travolta? Wir wollen mit ihm den Dancefloor regieren!
Fast penetrant wird der Synthie dann auf "What If You Knew" und "Love Me Cos". Das wirkt vielleicht ein bisschen trashig. Trotzdem kann man dazu noch gut heiße Tanzeinlagen hinlegen und sich die Beine Foxtrott-mäßig auf dem Parkett der Großraumdisse verdrehen.
Mit eingängigem Snare-Drum-Rhythmus und typischem Popballaden-Arrangement ausgestattet, bildet "Defender" die klassische Liebeshymne der Platte. Irgendwie kann man Gabriella nichts so richtig übel nehmen: Sogar Reimemonster wie "So just remember / I am your defender" verzeiht man ihr.
Echoartige Samples ihrer eigenen, glockenklaren Stimme durchziehen "Robots". Der Song hallt zu Gitarrenriffs und referiert wieder unverblümt auf das Jahrzehnt der Popper und Punker. Lässt zuerst noch der Synthpop der Eurythmics ("Sweet Dreams") grüßen, gewinnt die Nummer im Refrain mit Basseinsatz an Kraft.
Blondies "Heart Of Glass" klingt auf "Superhot" stellenweise leise im Hintergrund durch. Einem wirklichen Vergleich mit dem Gassenhauer hält der Song aber nicht stand. "He's a superhot guy / It's a superhot ride" - ok, lyrisch ist das vielleicht nicht zu nennen. Aber tanzen kann man ja auch ohne Ohren.
Ein richtiger Smasher, der an alte Zeiten anknüpft, fehlt auf "Ten". Das ist Gabriella offenbar durchaus bewusst. Deshalb packt sie einfach noch mal ihren Radioliebling "Sweet About Me" in veränderter Version drauf und schlägt damit mit dem Synthie-Anteil wunderbar in die Kerbe des Albums. Dass die Nummer dadurch nicht besser wird, sondern eher klingt wie ein zweitklassiger Abklatsch des Originals, verwundert nicht. Diese Aktion hätte man sich getrost sparen können.
Für Schwächen entschädigt Gabriella mit ihrem größten Kapital: der hinreißenden Stimme. Ihr souliger Diven-Gesang beherrscht die Platte, so dass die harmlos-seichten Tanzmelodien in den Hintergrund rücken. Auf "Ten" nimmt sie uns an die Hand, setzt uns in eine Zeitmaschine und lotst schnurstracks auf die 80er zu. Für rund 45 Minuten fühlt man sich in knatschengen Leggins, unsäglichen Schulterpolstern und mit grausiger Frisur zurückversetzt auf die Tanzflächen bunt-kitschiger Musikschuppen.
Immerhin unterscheidet sich die 18-Jährige durch ihr erstaunliches Gesangstalent von anderen jungen Kolleginnen, die zur Zeit vor allem damit punkten, sich in regelmäßigen Abständen halbnackt der Öffentlichkeit zu präsentieren. Selbstverständlich fehlen bei Cilmi auch die obligatorischen Brust-raus-Mund-auf-Bilder auf Cover und Booklet nicht. Trotzdem lastet man ihr das irgendwie nicht an.
Auch die Texte bedeuten keine große Schmach. Andere Popsternchen kommen mit einfallsloseren Lyrics daher. Das Songwriting geht ebenso, gemessen an populärmusikalischen Maßstäben, als ordentlich durch. Obwohl das Album die Größe seiner Vorbilder bei weitem nicht erreicht, erfüllt es die Erwartungen.
Es wirkt homogener als ihr Debüt. Gabriella entscheidet sich für unbekümmerte, poppig-flockige Melodien. Ohne eindeutige Chartstürmer sind die Songs davor gefeit, von einschlägigen Radiosendern bis zum Erbrechen durchgenudelt zu werden.
Cilmis Musik erscheint angenehm unaufgeregt und steht zu dem, was sie sein will: solider, fröhlicher, bodenständiger Zuckerwatte-Pop zu boys-lastigen Texten, dem Alter der Sängerin und der Zielgruppe angemessen. Irgendwie sympathisch.
13 Kommentare
Oha, der Opener klingt besser als erwartet.
Allerdings verstehe ich nicht, warum sich jedes chartsorientierte Teeniemädchen als Fi..stück präsentieren muß...
Wirklich nettes Album!
@jenzo1981: Versteh' ich auch nicht ganz, aber für Ihre-Stimme-nicht-Anerkenner muss ja auch was übrigbleiben
@jenzo1981 (« Oha, der Opener klingt besser als erwartet.
Allerdings verstehe ich nicht, warum sich jedes chartsorientierte Teeniemädchen als Fi..stück präsentieren muß... »):
Weil die Masse so verblödet ist, dass sie nur auf primitivste Reize (sprich sexuelle) reagiert. Und um sie ist es wirklich schade, diesen Scheiß hat sie nicht nötig mit dieser Stimme.
Es gibt nur eine Band aus Italien, welche es sich lohnt zu hören und das ist NANOWAR OF STEEL!!!!!
http://www.youtube.com/watch?v=peYEgw5DZHI…
http://www.youtube.com/watch?v=4CXXRd90jc0…
Abgesehen vom Text... gute Nummer.
Und ja, zwischen Miley und G. Cilmi liegen Welten... und Cilmi ist ja schon volljährig, die darf man jetzt sogar ganz offiziell anlechzen...
gute junge Dame mit eigenem Stil. Hatte schon Angst lauch.de würde sie verreißen, aber die Review geht klar.
Die Fick-Teenie-Nummer ist überflüssig, auch wenn sie natürlich äußerst würdig ist, keine Frage.