laut.de-Kritik

Eingängig bis auf den Schlussakkord.

Review von

Na, wer schielt denn da so schüchtern auf ein frisch gezupftes Ahornblatt? Doch nicht etwa der hauptberuflich Rekord um Rekord brechende, weithin bereits als Nachfolger Billy Joels bejubelte und vom Label prägnant als "heißester US-Newcomer des Jahres" apostrophierte Songwriter Gavin DeGraw, in dessen Auftrittsorten dem Vernehmen nach anschließend kein Gras mehr wächst? Exakt!

Chefmanager und Vorschussgewährer großer Plattenfirmen scheinen noch immer dem dusseligen Trugschluss zu erliegen, Künstler müssten, will man musikalischen Anspruch vermitteln, auf irgendeine Weise introvertiert abgelichtet werden. Als gelte es, DeGraw von der neuen Backstreet Boys abzuheben. Vielleicht ist der 28-Jährige aber auch wirklich so wie sein Image: Ernsthaft, ungekünstelt, ehrlich und, ja, naturverbunden.

Das weiß wohl nur J Records-Boss Clive Davis, der von Janis Joplin bis zu Aretha Franklin schon so einige ungekünstelte Megastars in die Spur brachte, zuletzt Alicia Keys. DeGraws "aufrichtige Emotionalität und brillante Songschreiberkunst" (Labelinfo) muss ihn demnach förmlich umgehauen haben, denn sind wir ehrlich: nichts könnte einem A&R-Manager Besseres passieren als Gavin DeGraw. Buchstäblich jeder Song seines Debütalbums ist eingängig bis auf den Schlussakkord, jede Intonation sitzt exakt und kein Gitarrenriff beansprucht die von Norah Jones stressbefreiten Nerven der potenziellen Hörerschaft allzu sehr.

An manchen Stellen singt DeGraw arg kapriolenhaft ("I Don't Want To Be") wie man es auch von Chris Robinson kennt, dann fügt er sich wieder dem ohnehin sehr ähnlichen Stimmbild des Maroon 5-Fronters Adam Levine (besonders in "Over-Rated"). Dem Zufall überlässt man wenig: Begleitet wird DeGraw von einer flink zusammengestellten Band um Beck/R.E.M.-Drummer Joey Waronker und Wallflowers-Gitarrist Michael Ward, am Produzentenpult wachte mit Mark Endert (Fiona Apple) ebenfalls ein ausgewiesener Fachmann.

Das Ergebnis ist hymnischer, melodietrunkener Singer-/Songwriter-Rock, der mit "Chariot" und "(Nice To Meet You) Anyway" durchaus respektable Nummern abwirft, um altbackene Füller der Marke "Belief" und "Crush" aber noch nicht herum kommt. Handwerklich gut gemacht ist das alles zweifellos, wovon auch eine zweite CD namens "Stripped" Zeugnis ablegt, eine leise Unplugged-Version von "Chariot" mit Gitarre, Piano und Percussion. Zwei Fragen bleiben am Schluss offen: Was ist eigentlich aus Toploader geworden, und bringen Bon Jovi mal wieder was Neues raus?

Trackliste

  1. 1. Follow Through
  2. 2. Chariot
  3. 3. Just Friends
  4. 4. (Nice To Meet You) Anyway
  5. 5. Chemical Party
  6. 6. Belief
  7. 7. Crush
  8. 8. I Don't Want To Be
  9. 9. Meaning
  10. 10. More Than Anyone
  11. 11. Over-Rated
  12. 12. Get Lost

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