laut.de-Kritik
Dieser Folk-Pop-Rock gleicht einem verspielten Hundewelpe.
Review von Sven KabelitzGeorge Ezras Musik ist nett. Nicht dieser Blödsinn mit der kleinen Schwester, sondern nett im herkömmlichen Sinne. Sein Folk-Pop-Rock gleicht einem verspielten Hundewelpe. Im Grunde mag man ihn eigentlich knuddeln. Schau, wie lieb er schaut. Um so schlimmer, wenn man Ezra mal schimpfen muss.
In der Vergangenheit gelangen ihm mit "Blame It On Me" ("Wanted On Voyage") und "Pretty Shining People" ("Staying At Tamara's") zwei einnehmende Opener zwischen Lebensfreude und Melancholie, die geschickt auf den weiteren Longplayer vorbereiteten. "Anyone For You (Tiger Lily)" hingegen gerät diesmal von den ersten Synthesizer-Akkorden an unangenehm ranschmeißerisch. Plötzlich zählt George Ezra zu den Menschen, die einem immer einen Schritt zu nah kommen und er denkt in den ersten zwei Dritteln nicht daran, auf "Gold Rush Kid" auch nur einen Schritt zurück zu weichen.
Seine ersten beiden Alben lebten davon, Pop und Folk gerade so weit voneinander zu platzieren, dass sie immer noch eine Einheit bildeten. Dadurch, dass er nun einen deutlich größeren Schritt in Richtung Pop geht, zerbricht diese Einheit. Stattdessen klingt hier vieles aufgesetzt, spätestens in "Dance All Over Me" schlichtweg nervig.
Hier geht Ezras Identität komplett verloren, reiht sich ein in eine Reihe unzähliger Sommersongklone, in sich auch Tracks wie etwa Aviciis und Aloe Blaccs "Wake Me Up" befinden. Eine auserzählte Liedstruktur, von der langsam wirklich genug Exemplare herum geistern dürften.
Danach folgt ein abrupter Bruch. In den letzten vier Stücken findet das zuvor oft überdrehte "Gold Rush Kid" zur Ruhe und mehr zu sich. Im gelungenen "I Went Hunting" erinnert sich Ezra an seinen inneren Bon Iver, singt der selbst an Zwangsstörungen erkrankte Brite über psychische Probleme: "Tryna get out my head, the fact is, I'm obsessed / And I always have been, mhm / Imagine havin' a thought and then thinkin' it again / Thinkin' it again, thinkin' it again." Eine emotionale Tiefe, die er in den folgenden Stücken nicht noch einmal erreicht.
Den Charme der ersten beiden Alben hat "Gold Rush Kid" weitestgehend verloren. Die nun aalglatte Produktion erstickt viele der Songs, bevor diese überhaupt auch nur einen Gedanken an Atmen verschwenden können. Die einstige Harmonie musste nun einer verkrampften Fröhlichkeit weichen.
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