laut.de-Kritik
Das American Songbook mit deutschem Zungenschlag.
Review von Artur SchulzWieder einmal präsentiert sich Entertainer Götz Alsmann als musikweltreisender Tausendsassa, der dabei gern wenig erforschtes Terrain erkundet. Bei seinem Zwischenstopp "Am Broadway" tummelt er sich auf den ersten Blick allerdings in altbekannten American Songbook-Gefilden. Das Besondere daran jedoch: Sämtliche Songs interpretiert er auf Deutsch, überwiegend mit längst in Archiven verschollenen Texten, die nun erstmals nach Jahrzehnten wieder ans Licht der Öffentlichkeit gelangen.
Die Eindeutschung der amerikanischen Klassiker sorgt dabei oft für Erheiterung. Etwa wenn sich das gute alte "Blue Moon" in einer "Mondnacht Am Meer" am italienischen Golf von Tarent wiederfindet. Naturgemäß zeigen sich Songs aus ganz frühen Jahrzehnten stets recht kurz in der Spieldauer. Als Ausgleich dafür hat Alsmann die stattliche Zahl von 18 Titeln versammelt.
Das titelgebende "Broadway" enthält den einzigen von Götz selbst geschriebenen Text, und die angeswingte Nummer erfreut als appetitanregender Einstieg ins Album.
Der Entertainer und seine Band spielen nicht nur einfach nach. Jede Nummer versehen sie mit einem neu geschriebenen Arrangement, was beim Hören Raum für allerlei Entdeckungen gibt. Die kleinen Details sind den Musikern wichtig und werden durchweg mit viel Liebe am Spiel und auch häufig jazzig umgesetzt.
Das Ganze zeitigt mitunter recht doppelbödige Ergebnisse: "Ein Wandersmann" schreitet in den Lyrics zwar angemessen treudeutsch durch die Lande. Das Ganze aber in lateinamerikanischem Rhythmus, begleitet von einer effektvollen, dezent schwellenden Fünfziger Jahre-Orgel.
Viel Xylophon, viel sanft streichelnder Besen: Alsmann legt hörbar Wert auf stilechtes Ambiente. Die Nummern atmen den freundlichen Geist vergangener sonntäglicher Tanztee-Veranstaltungen. Vor dem geistigen Auge tauchen gepflegte Herren im Anzug auf, galant um einen jungen Backfisch im Ballonkleid buhlend.
Alsmann-Musik wirkt gänzlich aus der Zeit gefallen, und er selbst gibt das auch nur zu gerne zu. Sein Vorteil: Bei ihm ist es keine vordergründige Masche. Die persönliche Liebe zu vergangenen Musikepochen wirkt bei ihm immer authentisch.
Stimmlich ist Götz kein Frank Sinatra, klar. Es gibt nicht wenige, die seine Musikfertigkeit schätzen, seiner aber doch eigenwilligen Vokalarbeit nicht sonderlich viel abgewinnen können. Für "Am Broadway" gibt er (natürlich) wie immer vollen Einsatz und lässt dabei dem Schalk im Nacken viel Auslauf, ähnlich (wenn auch anders geartet) dem Kollegen Max Raabe.
Zu einem Titel wie "Es Ist Die Liebe, Die So Glücklich Macht" gehört einfach eine ordentliche Prise Schmacht und Schmalz. Mit "C'est Magnifique" erlaubt sich Alsmann eine kleine Referenz ans "In Paris"-Album, das den ersten Teil seines aktuellen Trilogie-Projekts darstellte. Im Interview mit laut.de deutet der Musiker an, in welche Gefilde es ihn zum Abschluss verschlagen könnte:
"Wir haben schon einen Plan. Es handelt sich um eine europäische Großstadt. Die Hauptstadt eines deutschsprachigen Landes, aber es ist nicht Deutschland." Zwar ist da das letzte Wort noch nicht gesprochen, doch ein Götz Alsmann würde sicher auch im Walzertakt eine blendende Figur abgeben.
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