laut.de-Kritik

Dem großen weißen Hai fallen die Beißerchen aus.

Review von

Die vom Blues angehauchten Hardrocker Great White aus Huntington Beach in Kalifornien sind eine vom Schicksal kräftig gebeutelte Musikertruppe, das muss man ihnen leider attestieren. Nach beachtlichen Erfolgen in den Achtzigern begann ihr Stern zu sinken und im Jahre 2003 machte sie ein verheerender Brand während ihres Konzerts in Rhode Island zu wahrhaft tragischen Figuren. Einhundert Menschen kamen dabei ums Leben, und es ertönten so manche Stimmen, die der Band eine gewisse Mitschuld an der Katastrophe gaben. Richtig geklärt wurde das niemals.

Unter solchen Bedingungen durchzuhalten und weiterzumachen, das ist keine kleine Leistung. Zudem rotierte auch das Besetzungskarussel der Band immer schneller, und darüber hinaus entzweiten sich die Gründungsmitglieder zusehends. Auf der einen Seite stand Jack Russell, der charismatische Sänger und Frontmann der Gruppe, auf der anderen Seite der Rest, die sich mit dem von Alkohol- und Drogenproblemen geplagten Diktator auf nichts mehr einigen konnte. Ein äußerst unschönes Gezerre um den Bandnamen führte am Ende dazu, dass es jetzt zwei Versionen des großen weißen Haies gibt.

Eben erst hat Jack Russell mit seinen Great White ein nicht besonders beeindruckendes neues Album namens "He Saw It Comin" vorgelegt, nun also zieht die Gegenseite nach und präsentiert "Full Circle". Die Frage, welche Spielart von Great White nun die bessere und/oder kompetentere ist, kann diese Platte aber auch nicht beantworten. Denn grundsätzlich ist "Full Circle" zwar ein ganz nettes Stück Rockmusik, aber mit der Durchschlagskraft früherer Alben wie etwa dem großartigen "Hooked" von 1991 kann sie keinesfalls mithalten.

Das liegt daran, dass es Great White hier fast durchgehend eher gemütlich angehen lassen und zu keiner Zeit das Gaspedal mal ordentlich durchdrücken. Vom im Midtempo angesiedelten Riff Rock-Opener "I'm Alright" an bewegen sich die mittlerweile leicht angegrauten Herren eher im Blues Rock als im Heavy Rock und überzeugen zwar mit sauberen handwerklichen Fähigkeiten, aber weniger mit Kreativität oder emotionalen Ausbrüchen. Auf eine Art sitzen alle Handgriffe und die Gitarrensoli perfekt, und auch die etwas wehleidige, ab und zu leicht an Axl Rose von Guns N' Roses erinnernde Stimme von Sänger Terry Ilious hat ihre Reize. Auf die Dauer kommt das alles aber zu eintönig rüber.

"This Is The Life" mit seinem Hauch von Led Zeppelin dürfte noch das lebendigste Stück der Platte sein, "Moonshine" bringt im Hintergrund ein paar vermutlich elektronisch generierte Bläsersätze mit ein, "Give It Up" streut ein wenig Funk in die Rock-Suppe und "Big Time" erinnert ein bisschen an das geniale "Congo Square" vom schon erwähnten "Hooked".

Alles in allem bleibt die Scheibe aber etwas zahnlos und stört zwar niemanden, regt aber auch keinen richtig auf. Fürs Auto fahren oder Bier trinken am Grillfeuer machen Great White ihren Job immerhin ganz ordentlich. Das ist doch auch schon etwas.

Trackliste

  1. 1. I'm Alright
  2. 2. Movin' On
  3. 3. This Is The Life
  4. 4. Let Me In
  5. 5. Moonshine
  6. 6. Cry Of A Nation
  7. 7. Give It Up
  8. 8. Big Time
  9. 9. Never Let You Down

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3 Kommentare

  • Vor 7 Jahren

    Wäre ich Trucker, würde ich nur noch Great White hören. Höre gerade Psycho City von 1992. Twice Shy steht auch im Schrank.

  • Vor 7 Jahren

    Haha, ja die alten Sachen sind noch echt cool. Truckermusik, in der Tat.

  • Vor 7 Jahren

    Das neue Album ist auch eine Geburt des "Loudness war". Alles klingt gleich laut, die Instrumente, die einzelnen Passagen, Strophen, Refrains. Für Great White ist das fatal. Die Stärke der Band war eigentlich der Wechsel zwischen ruhig und leise bzw. hatten die Songs früher eine tolle Dynamik. Jetzt haben sie ihr Pulver im Song schon nach 30 Sekunden verschossen. Ihren Stil haben sie eigentlich nicht verändert, nur das Producing ist leider absoluter Müll.