laut.de-Kritik
Gut gemacht, doch zu lieb und zu belanglos.
Review von Artur SchulzGregor Meyle besitzt den etwas anderen Background gegenüber den meisten anderen Casting-Probanden: noch vor seinem Erfolg sammelte er bereits seit 2001 mit eigener Band musikalische Erfahrungen. Und sowieso tummeln sich in Raab-Castings nicht die handelsüblichen Nullnummern und Halbzeitpausen-Sternchen, die andere Superstar-Veranstaltungen zuhaufe bieten. "Meylenweit" kümmert sich als hörbar handgemachtes Singer/Songwriter-Album keinen Deut um Charts-Kompatibilität.
Ein an sich lobenswerter Vorsatz, jedoch: Meyles Songs sprühen nicht über vor Innovation, sondern wandern über längst schon begangene und somit wenig aufregende Pfade. Die oft verhandene Zwiespältigkeit des Meylen-Outputs macht der Opener "Es Kommt Zu Dir" gleich besonders deutlich: da stimmen zwar Handwerk, Arrangement und Anliegen, doch leider schrammt in Sachen textlicher Ausführung die Nummer bedenklich nahe an längst vergessen geglaubter Deutschrock-Betroffenheits-Weinerlichkeit vorbei.
Viel besser macht es das dynamische "Denk Was Du Willst", eine spannungsreich inszenierte Pop/Rock-Nummer, die kurzweilig und abwechslungsreich den Hörer gefangennimmt. Auch "Ganz Normale Leute" besticht mit tadellosem Aufbau und sich immer weiter entwickelndem Arrangement. Die eigentliche Song-Stilkiste mischt Meylen recht kurzweilig: Country-Flair umgibt "Schön, Wenn's Funktioniert".
"Ja Ja Ja" überrascht in letzten Drittel mit satten Handclaps und einem gospelig anmutenden Chor. "Wann Bist Du Da" bietet erneut E-Gitarre und voluminöse Chor-Arbeit. Den beinharten Rocker nimmt man Meyle nicht ab, aber der will er auch nicht sein. Doch gerade diese Ausflüge, wie erneut auf "Nur Einmal", heben sich wohltuend ab von der doch recht balladesk-akustisch ausgerichteten Grundhaltung.
Das alles tadellos inszeniert, doch nie sonderlich mitreißend gestaltet. Fast schon jazzig zu nennen: das letzte Drittel der Ballade "Finde Dein Glück", die mit kräftigen Bläsern und effektiver, gestopfter Trompete punktet.
Text-Banalitäten wie "Ich reite auf meinem Schimmel / zu deinem Schloss hinauf / und fällt'n Stern vom Himmel / fang' ich ihn für dich auf" ("Ja Ja Ja") hinterlassen einen unangenehmen Nachgeschmack. Gut, man nimmt dem Gregor den romantischen Sternwanderer zwar jederzeit ab, doch es bleibt eben ein weiter Ritt bis zur Lyrics-Ponderosa etwa eines Rio Reiser. Noch präsentieren sich Meyles Songs trotz aller Kompositions-Fertigkeiten und der blitzsauberen Produktion einige Ticks zu gefällig und allgemeinkompatibel, auch wenn es hie und da dort angenehme Ausreißer-Momente zu entdecken gibt.
Meyle sieht sich als sanfter Troubadour, tatsächlcih fehlt ihm ein überzeugendes Profil mit Ecken und Kanten. Das ist nicht Indie, das ist nicht Schlager, nicht Folk, nicht Rock; trotz aller taktischen Finesse leider zu oft unentschlossen zwischen gefälliger Lagerfeuer-Klampfe und Kuschelrock-Balladentum.
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