laut.de-Kritik
Schön, dass die Finnen noch überraschen können.
Review von Alexander CordasÄh hallo? Betreibt da jemand Etikettenschwindel? Hier geht's doch um HIM. Die Band, die mit poppigen Melodien angetreten ist, den schwarzen Sarg mit rosafarbenem Plüsch auszutackern. Das sind doch die, die mit griffigen Hooks à la "Join Me" die Herzen der Mädels gewannen, oder?
Kurzes Anzählen mit den Becken: eins, zwei, drei, vier und kadawumm. "Buried Alive By Love" knallt in ungewohnt heftiger Uptempo-Manier aus den Boxen, dass die Frage erlaubt sei, ob sich unter dem Banner "Love Metal" angestaubte Bänder aus alten HIM-Tagen tummeln, als eine Gitarre noch bratzen durfte und die Band einen Scheiß auf Nummer Eins-Hitsingles gab. Anscheinend hat Ville Valo seine Lektion aus dem langweiligen "Deep Shadows And Brilliant Highlights" gelernt. "Love Metal" versucht nicht mehr, den Erfolg von "Razorblade Romance" krampfhaft zu wiederholen, sondern ertastet sich mit behutsamen Schritten verlorenes Terrain zurück.
Die lyrischen Ergüsse des Finnen sind zwar nach wie vor eine lustige Katastrophe für sich. Wer sich darin wieder findet, bitte sehr, tut ja keinem weh. Wer aber textlich so oft gestorben ist, müsste doch irgendwann scheintot sein. Anders als die Wort gewordenen Hirnfürze des Herrn Valo sind die musikalischen Aspekte von "Love Metal" aber wieder eine runde Sache.
Prügelt der Opener noch die alte Patina von den eingestaubten Ohren, so kleistert die erste Single "Funeral Of Hearts" diese wieder mit süßem und altbekanntem Honig zu. Die Schwachstelle wird jedoch sofort wieder mit dem schnellen "Beyond Redemption" ausgebügelt. Da hat jemand seine Liebe zu den harten Gitarren wieder entdeckt. Die erste Powerballade "Sweet Pandemonium" geht auch in Ordnung und klingt besser als der komplette Schmacht des letzten Albums.
Neuerdings verzichten HIM scheinbar auf überflüssige Gefühlsduselei. Auch "The Sacrament" geht mit seinem schönen Pianolauf gut nach vorne und steht stellvertretend für die runderneuerten Finnen. Irgendwie scheint es Waldi gelungen zu sein, sich von störendem Pomp und heulsusigem Balladenballast zu befreien. Wenn etwa bei "Fortress Of Tears" Befürchtungen aufkommen, Valo würde mit seiner Mannschaft wieder in den alten Quark zurück fallen, kommt als Gegenbeweis ein Klasse-Song um die Ecke. Sogleich vertreibt "Circle Of Fear" den Tränenschwulst, auch wenn der Gitarrenpart stark an Sisters Of Mercys "Mother Russia" erinnert.
Schön, dass HIM noch überraschen können.
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