laut.de-Kritik
Lieb Heimatland, ohje!
Review von Dani Fromm"Am Anfang war das Volkslied, die Rockmusik ist heute." Öh, Einspruch. Ein Blick auf die Verkaufszahlen besagt eigentlich etwas anderes. Heute geht - neben Schlager, den Heino längst abgefrühstückt hat - vor allem Hip Hop wie geschnitten Brot. Meine Dankbarkeit darüber, dass das den Marketingfritzen unseres Volksbarden Nummer eins bisher nicht aufgefallen ist, kennt keine Grenzen.
Wobei ... Heinos mütterfickendes, alles zerberstendes Rap-Album wird schon auch noch kommen. Die Gelddruck-Maschine läuft schließlich wie geschmiert, warum sollte man sich diese Gelegenheit für die eine oder andere schnelle Million auf lange Sicht entgehen lassen? "Es hören mir die Alten zu, und auch die jungen Leute", das stimmt leider. Nun, ja. Für vollkommen seelenlose Musik vom Reißbrett, in die nicht ein Tropfen Herzblut fließen muss, gibt es offenbar kein schöner Land als das unsrige.
Nach einem ähnlich spannenden Ausflug in einstmals angesagte House-Gefilde und den leider nicht verbotenen Cover-Alben samt medienwirksam inszenierten Skandälchen macht Heino nun also weiter den Jan Delay und hoppt ins nächste Genre. Als "Metal-Album" preist sein Label "Schwarz Blüht Der Enzian" an. Wäre doch gelacht, wenn man den alten Mann damit nicht erneut auf die Wacken-Bühne bringen könnte. Das wird passieren - was allerdings nichts, aber auch gar nichts daran ändert, dass diese Platte mit Metal in etwa so viel am Hut hat wie "Hammer & Michel" mit Rock.
"Schwarz Blüht Der Enzian" geht bestenfalls als Kirmesmetal durch. Bierzelt-Hardrock träfe es noch ein bisschen besser. Bratwurscht! Is' doch lustig, der Kontrast. Da kommt zusammen, was nicht zusammen gehört. Ha, ha, was haben wir gelacht! Wir kaufen ja auch "Atemlos". Zweimal, weil die Alte so geil ist. Lieb Heimatland, ohje!
Zuzusehen, wie Menschen, die mit Musik ihr Geld verdienen, anderen Menschen, die keine Ahnung von Musik haben, schamlos selbiges Geld aus der Tasche ziehen, beschert mir manchmal ehrlich Herzeleid. Was bekommen die Käufer hier für ihre Kröten? Immerhin einen Sänger mit markanter, gut ausgebildeter Stimme, der seine alten Hits noch einmal abnudelt. Im Verbund mit den "harten" Soundgewändern, die man ihnen übergestülpt hat, wirken die antiken Gassenhauer jetzt wie Mash-Ups von Heino-Hits mit Rammstein-Tracks.
Der olle "Enzian" plus "Engel" ergibt den Titeltrack. "Wir Lagen Vor Madagaskar" flirtet - "Ahoi, Kamerrraden, ahoi!" - mit Seemansromantik, wie es Rammstein schon lange vor Santiano taten, während im Hinterkopf die Frage rumpumpelt: "Wollt ihr das Bett in Flammen sehen?" "Einer Von Uns" klingt wie "Du Hast", verziert mit ein wenig Lokalkolorit. Den Ruhrpott-Malocher nehme ich Heino übrigens in etwa so ab wie die peinlichen Posen mit Lederjacke und Schädelthron im Booklet, auf denen er endgültig wie seine eigene Zombie-Parodie aus dem Otto-Film wirkt.
Das Problem, das diese neuen Heino-Nummern - wie eben fast alle Mash-Ups - haben: Nach dem ersten "Oha, das ist ja ..."-Überraschungsmoment geben sie nicht mehr viel her. Das Überbrücken der (vermeintlichen) Kluft zwischen Schlager und dem, das einem hier als Metal angedreht werden soll, amüsiert mich - wenn überhaupt - einmal kurz. Dann nutzt sich das Prinzip aber hastig ab. Es ist ja jedes Mal nahezu das gleiche.
"La Paloma" kriegt noch ein bisschen Gitarrengejaule verpasst, das borgen wir uns bei "Thunderstruck". Das getragene "Jenseits Des Tales" empfiehlt sich mit seinem penetranten Ganz-ganz-großes-Kino-Gebaren bedeutungshochschwanger als der Soundtrack für den nächsten Kreuzzug nach Mittelerde. Mindestens. "Schwarzbraun Ist Die Haselnuss" darf zwischen den (zugegeben: handwerklich astrein realisierten) NDH-Kopien ein paar Schunkelpassagen behalten. So taugt es auch für die Prunksitzung. Die nächste Karnevalssaison kommt bestimmt. Gleich nach den Après-Ski-Partys.
Mit einem Stück mit dicken Trommeln wie das neue "Hoch Auf Dem Gelben Wagen" können wir Heino, wenn sich noch eine möglichst prominente Stripperin für die Bühnenshow auftreiben lässt, nächstes Jahr dann auch noch schnell zum Eurovision Songcontest schicken. Vermutlich auch noch mit beängstigend guten Chancen.
Keine Ahnung, wem Musik etwas gibt, die so offensichtlich aus Kalkül heraus entstand, wahnsinnig dramatisch tut, aber doch nirgends eine echte Regung oder ein ehrlich empfundenes Gefühl zeigt. Heino macht einen Job, mehr nicht. Meinetwegen muss er das nicht tun. "Hier will ich in Rente gehen", singt er in "Einer Von Uns". Mensch, dann mach' et doch einfach! Oder sind die Rechnungen für die einst abgesagte Tour und den in der Folge verlorenen Prozess immer noch nicht bezahlt?
Im Grunde ist aber jedes skeptische Wort vergeudet. Kritik an seiner und der Arbeitsweise seiner Zuarbeiter lässt Heino spurlos an sich abperlen. Unbeirrbar, unbelehrbar reitet er mit der Drohung "Jetzt Erst Recht" in den Sonnenuntergang: "Irgendwann begreifst du: Geschrei ist heiße Luft, zu ziehst einfach dein Ding durch, weil heiße Luft verpufft." Sein Ding, sicher. Sicherlich. Vorgestern Schlager, gestern Acid, heute Metal.
Morgen Hip Hop, wetten? Das lass' ich dann aber dem Kollegen Edele. Ich hör' solange lieber das Original. "Der Wahnsinn ist nur eine schmale Brücke. Die Ufer sind Vernunft und Trieb ... Ein blindes Kind das vorwärts kriecht, weil es seine Mutterrr rrriecht!" Mama, hol' mich hier weg!
18 Kommentare mit 23 Antworten
Für was kriegt so ein Müll 2 Punkte?
Für die Anzeigen, die die ab und zu mal schalten.
Man muss doch auch Platz nach unten haben. Für die wirklich schlechten Platten. Unheilig zum Beispiel.
+1
was sagen eigentlich die oldschool heinofans dazu? denkt denn niemand an deren verletzte gefühle?da kommt einem doch glatt die schwarzwälder-kirsch wieder hoch !
muss doch ein schlag ins gesicht für sie sein, wenn einer aus den eigenen reihen, nur um des schnöden mammons wegen, jetzt in diesem schrecklichen hottentotten gedudel macht.
sehr respektloses verhalten der altklientel gegenüber wie ich finde, zurecht mit 2 punkten abgewatscht !
meine Mutter war tatsächlich jahrezehntelang Fan von Heino. Schlichter Kommentar zu den letzten Outputs: "Das, was er heute so singt, is nich so dolle..."
^^ Irgendwelche Verfluchungen bleiben da aber bedauerlichweise aus. Ihr reichen die alten "Klassiker"...hach ja, solch eine pragmatische Einstellung ist manchmal echt beneidenswert... .
Kann mir kaum vorstellen, dass die Platte beim nächsten Schlesiertreffen so gut ankommt...
Wußte gar nicht, dass Dani jetzt im Metal-Bereich unterwegs ist.
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Ist ja auch kein Metal, haha!
das ist schlager. schlager gehört mir.
Calzama genau das isses nicht mehr und nicht weniger wir reden hier immernoch von einem alten mann der sich schon verdammt lang im Geschäft hält und sich den spaß erlauben kann und mal ehrlich nem buschido son ne nummer abzukaufen würde mir doch schon schwerrer fallen
Gruß Frank
MÜLL! Es gibt so viele Talente. Gott sei mit dir, geh endlich in die Rente!
würde er ja gerne..aber irgendetwas zwingt ihn immer weiter zu machen. er muss doch irgenwie geld verdienen. um zu überbrücken das sein cafe nicht genug abwirft. ausserdem..kann er nicht nein sagen ..wenn jemand mit genug kohle winkt. der singt sogar noch nach seinem tod weiter...titel des dann erscheinenden albums: mit freundlichen grüßen ..es geht weiter..untertitel: ...lieder aus der gruft
Müll! Einfach Müll.
Man weiß nicht, ob man lachen oder mitleiden soll...