laut.de-Kritik
Friede, Freude, Schlagerkuchen.
Review von Sabrina SeifertZwei Wochen nach Veröffentlichung ihres selbstbetitelten Albums ist Helene Fischer im Münchner Kesselhaus zu Gast. "Helene, Helene!" ruft die Menge, noch bevor der erste Track beginnt. "Müüüüünchen", antwortet Helene Fischer - es ist auf jeden Fall laut.
Wie soll man das beurteilen? Ehrlich, ich weiß es nicht. Für ihr Genre macht Helene Fischer jedenfalls nichts falsch: Sie liefert eine Eins-a-Gesangsleistung ab und kommuniziert mit ihrem Publikum. Es ist nur eben schlagertypisch kitschig.
Meine Deutschlehrerin hat es einmal so formuliert: "Ich wollte ja mit dem Positiven anfangen, aber ich kann euch ja nicht dafür loben, dass ihr auf liniertem Papier geschrieben habt!" Danach bekamen wir unsere Aufsätze zurück und es hagelte Kritik.
Fangen wir trotzdem mit dem Positiven an: Helene Fischer stylt ihre Show durch: "Wir haben hardcore geübt, unsere Sprünge", dazu Liveorchester und Gospel-Chor. Im Gegensatz zu anderen Künstlern spielt sie ihr Album komplett durch. Der einzige auf der CD fehlende Track des Albums ist auf der DVD enthalten.
Zwischen den Songs klärt Helene Fischer das Publikum über Entstehungsgeschichten auf oder dankt den Songwritern. Abseits vom omnipräsenten Liebesgedudel deklariert sie "Die Schönste Reise" zu einem Song für Kinder. "Eines Tages werde ich auch Mama sein." Dafür erhält sie erwartungsfreudigen Applaus. Das Intro erinnert dabei ein wenig an Alan Walkers "Faded". "Schmetterling" handelt von Selbstzweifeln, "Du Hast Mich Stark Gemacht" spricht ihre Eltern an, die im Publikum sitzen.
So, das war das Lob. (Vielleicht haben Helene Fischers Songwriter die Texte ja sogar auf liniertem Papier geschrieben.) Die Interpretin sagt: "Der Sommer ist ja jetzt schon hier drinnen, in München, also machen wir gleich weiter mit 'Viva La Vida'." Wenn jetzt nur die Coldplay-Streicher einsetzen würden ... aber den Gefallen tut einem die Fischer nicht. Sie serviert kein Chris Martin-Cover. Der Titel klingt jedoch experimentell: südamerikanische Rhythmen, Kuba-Feeling, unterstützt von Blechbläsern.
"Du Hast Mich Stark Gemacht", "Wenn Du lachst", "Gib Mir Deine Hand" oder "Weil Liebe Nie zerbricht" liefern klare und harmonische Klavierintros, jedoch driftet Helene Fischer sofort wieder gesanglich in Pathos und Vibrato ab. Auch sonst erinnern einige Songanfänge sehr an Pop, und ich versuche mir vorzustellen, wie die Titel des Albums auf Englisch klängen. Wie Radiopop? Spätestens im Refrain fällt dieser Gedanke jedoch meist wieder in sich zusammen. Selbst die englische Sprache könnte die Friede-Freude-Eierkuchen-Mentalität des Schlageruniversums nicht verschleiern, die sich in jedem Chorus wiederfindet.
Nach 23 Songs ist Helene Fischer mit dem neuen Album durch. Es folgen noch vier ältere Lieder, "die ihr ja sowieso schon kennt", dann ist Schluss. Helene Fischer besitzt eine glasklare Stimme, aber schmachtendes "Die Antwort auf alle meine Fragen bist du" ... so etwas ertrag' ich nur zum Dorffest.
7 Kommentare mit 3 Antworten
Ich bin kein Helene-Fischer-Fan, ich finde es aber trotzdem gut, dass in dieser Kritik nicht gleich alles gehasst und verdammt wird.
Das kann man gut lesen und sich neutral ein Bild machen.
Helene Fischer zu hassen ist ja mittlerweile auch langweilig. Es ist halt gleichförmiger Schlager für die Massen. Für diese Erkenntnis braucht man eigentlich keine weiteren Rezensionen.
Ich frag mich ob sich die Helene in dieser heilen Schlagerwelt mit den immergleichen Friede-Freude-Eierkuchen-Songs immer wohlfühlt oder sie manchmal das Bedürfnis verspürt, aus diesem engen Songkorsett auszubrechen und was komplett anderes zu machen. Muss ja nicht gleich Death Metal sein
Als Musiker hat man doch einen gewissen Anspruch an sich selber und die Musik die man macht oder nicht? Ich finde bei ihr wird unglaublich viel Potenzial verschenkt, denn Schlager is ja jetzt nicht so anspruchsvoll sei es von den Texten oder der Songkonzeption.
Und genug Kohle dürfte sie gescheffelt haben um sich mal neu zu erfinden.
Ich meine, vor Jahren mal irgendwo gelesen zu haben, dass man damals nicht recht wusste, in welcher musikalischen Ecke sie landen sollte. Als man ihr "Mach doch Schlager!" riet, soll sie verzweifelt geweint haben.
Der Wahrheitsgehalt sollte aber noch anhand glaubwürdiger Quellen überprüft werden.
Die Dame hatte den Anspruch, eine Menge Kohle mit harmloser Lala für das unbedarfte 'Klatschvolk' zu machen. Das hat sie geschafft. Und sogar ne Nebenrolle im Tatort fürs TV-Volk gekriegt. Und unsere WM Fußball-Popper im Nationaldress mit 4 Sternen 'atemlos' gemacht. Naja, wohl nicht wirklich Ambitionen gesättigt. Soll die Birne Helene jetzt Brecht zitieren? Oder Leo Cohen und Joni Mitchell singen? Bitte nicht. Dschungelcamp wär gut. Und BITTE BITTE ab sofort Maul halten! Es wird ein frommer Wunsch bleiben. Leider. Im Übrigen. Sowas 'rezensiert' man nicht. Genau so wenig wie man Merkel wählt ...
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
"Weil Liebe nie zerbricht"-"Ich wollte mich nie mehr verlieben" Widerspruch, da Liebe scheinbar zerbrochen. 0/5 in Sachen Realness.
Sie verdient ihren Lebensunterhalt damit und unterhält die Massen gut. Das haben Bands aus dem englisch-sprachigen Raum schon immer so gemacht. Meines Erachtens werden die Falten tiefer, aber die Performance auf jung gemacht. Darunter leidet die Glaubwürdigkeit, und leider auch die Texte. Mein Sympathiebonus schmilzt dahin.
Liebe Helene , wie wärs mit 3 Monate Dschungelcamp und einfach mal KEINE weiteren Platten mehr .................. 0/5