laut.de-Kritik
"She dines in Frankfurt on sausage and kraut!"
Review von Michael SchuhFrom here on it got rough, übersetzt vom Originaltitel "Von nun an ging's bergab", könnte in dieser Form auch eine Abwandlung des legendären Sprachkünstlers Heinrich Lübke sein ("Equal goes it loose"), der von 1959 bis 1969 das Amt des deutschen Bundespräsidenten inne hatte.
In dessen Amtszeit fällt auch Hildegard Knefs Karriere-Aufstieg von der international gefeierten Schauspielerin zur lässig swingenden Chansonsängerin Anfang der 60er Jahre. Kurz bevor Lübke von Gustav Heinemann abgelöst wurde, stand die Knef im Dezember 1968 im Studio, um eine Palette englischsprachiger Songs für den britischen Markt aufzunehmen, die ein halbes Jahr später unter dem Titel "Love For Sale" in den dortigen Handel kam (deutscher Titel: "The Lady Is A Tramp").
"From Here On It Got Rough - The Best Of Her English Recordings" ist eine Neuauflage dieses Albums und verzeichnet darüberhinaus sechs weitere Songs. Ein für Liebhaber äußerst sinnvolles Unterfangen, da alleine "Love For Sale" längst ein gesuchtes Sammlerstück darstellt.
Unter der Leitung von Orchesterchef Kurt Edelhagen, mit dem Hildegard Knef 1968 den Schallplatten-Kassenschlager "Knef Concert" einspielte, versammelte die Sängerin englische Versionen einiger selbst getexteter, von Ehemann und Produzent David Cameron übersetzter Chansons. Hinzu kamen einige Broadway-Stücke, fertig war das Album, das entgegen der damaligen Labelhoffnungen kein Erfolg wurde.
Dabei strahlen auch die englischen Titel jenen spröden altbundesrepublikanischen Charme aus, den man von den Originalen her kennt. Unfreiwillig komische Stellen finden sich natürlich zuhauf, etwa Knef'sche Zeileneinschübe wie "She dines in Frankfurt on sausage and kraut!" in "The Lady Is A Tramp" oder die zu deutschem Kulturgut zählende Eröffnungszeile des Brecht/Weill'schen Mackie Messers, die plötzlich so lautet: "And the shark has pearly teeth, dear."
"From Here On It Got Rough" und das ungemein charmante "Too Bad" kennen Knef-Fans als "Von nun an ging's bergab" und "Na Und" von ihrem '67er Album "Halt Mich Fest". Ihre Version des Klassikers "Fever" oder die für ihre Tochter aufgenommene Edelschnulze "Christina" können den rhythmischeren Stücken zwar nicht das Wasser reichen, dafür sind die Balladen "The Girl's In Love With You" oder "Heading For A Love Affair" ("Ein Kurzes Jahr") auch heute noch schön anzuhören.
Insgesamt eine reizvolle Einstimmung auf das Knef-Jahr 2008, in dem sowohl die erste autorisierte Biographie über Hilde von ihrer Freundin Petra Roek erscheint, als auch die Verfilmung ihrer Lebensgeschichte mit Heike Makatsch in der Hauptrolle.
3 Kommentare
Dieses Album ist ein wunderbares Beispiel für Musik, die einfach für die Allgemeinheit freigegeben werden sollte. Welche der wirklichen, damaligen Urheber hat denn noch etwas davon von diesem Albumverkauf? Besonders von z.B. 18,95 € bei Amazon?
Für Verpackung und für Bereitstellung - wie auch immer - zahle ich in solche Fällen noch gerne, auch für neues einspielen, wie bei Klassikstücken. Aber hier!? Bei aller Liebe zur Musik, ne!
@Jazz-Hörer (« Dieses Album ist ein wunderbares Beispiel für Musik, die einfach für der Allgemeinheit freigegeben werden sollte. Welche der wirklichen, damaligen Urheber hat denn noch etwas davon von diesem Albumverkauf? »):
Ich wüßte nicht, daß Hans Hammerschmidt, einer der Haus- und Hofkomponisten von Hildegard Knef, bereits verstorben wäre?
Abgesehen davon finde ich persönlich das auch vollkommen in Ordnung, wenn ebenfalls an die Erben gedacht wird - schließlich ist es ja nicht gerade ein neues Phänomen, daß man einen Künstler erst nach seinem Tod richtig einschätzen kann.
Gruß
Skywise
Gut, wenn Hans Hammerschmidt noch lebt und er Stücke dieses Albums mitfabrizierte, soll er seinen Teil haben. Nur sind wir aus meiner Sicht noch nicht beim Vollpreis für ein volles Album angekommen. Dieses Album wird primär gekauft wegen Hildegard Knef, nicht wegen Hammerschmidt. Warum brachte er sonst auch nicht eine CD raus "Hildegard Knef singt Hammerschmidt"?
Mit den Erben sehe ich komplett anders. Ich bin weder für Erbsünde, noch für Erblohn. Beziehnungsweise kommt es mir da sehr aufs Maß an. Extremst dargestellt: Wenn eine kinderreiche, zehnköpfige Familie von einem reichen Onkel 100.000 Euro erbt finde ich das gut, wenn Erbe allerdings dazu führt, dass eine Art von Geldadel entsteht, welcher unabhängig von eigener Arbeit und sozialen Verpflichtungen lebt, zudem noch steigenenden Einfluss in der Gesellschaft erfährt, dann bin ich dagegen. Deswegen wäre ich - nebenbei bemerkt - für eine hohe Erbschaftssteuer, wenn auch nur als Zwischenlösung. Aber das ist wohl greade nicht Thema.