laut.de-Kritik
Scheppernder Blues.
Review von Martin LeuteSo richtig steht Holly Golightly noch immer nicht im Rampenlicht, auch wenn ihre musikalische Laufbahn mittlerweile über 15 Jahre andauert und sie ein famoses Album nach dem anderen veröffentlicht. Ihr Gastauftritt auf dem White Stripes-Album "Elephant" und ihr Beitrag "Tell Me Now So I Know" für den Soundtrack des Films "Broken Flowers" von Jim Jarmusch haben ihre Musik schließlich einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
"My First Holly Golightly Album" aus dem Jahr 2006, das ihr musikalisches Schaffen auf einem Best Of-Album zusammenfasst, kam als Einstieg für ein neues Publikum genau richtig. Die Billy Childish-Schülerin versteht es ausgezeichnet, mit ihrem aus den 20er bis 40er Jahren inspirierten Country-Blues-Folk so anachronistisch wie modern zu klingen. Garagenmusik ohne jegliche Rock-Attitüde.
"You Can't Buy A Gun When You're Crying" hat Holly gemeinsam mit ihrem langjährigen Freund Lawyer Dave, dem Kopf der Band The Brokeoffs, eingespielt. Entstanden sind 14 Retro-Style-Songs, die so unspektakulär wie wunderbar klingen und über jeden Hype-Verdacht erhaben sind. Der Opener "Devil Do" klingt verstaubt, was nicht nur an dem blechernen Percussion-Spiel und der Steel-Gitarre, sondern auch an der bewusst gewählten schummrigen Aufnahmequalität liegt, die ab dem zweiten Stück wesentlich sauberer klingt. "Just Around The Bend" wartet dann mit einem von einer Hammond-Orgel vorgegebenen langsamen Walzer-Rhythmus auf, über den sich sanft eine gezupfte Gitarre legt. Und über allem schwebt diese unnachahmliche Stimme der Holly Golightly.
"Everything you touch turns to stone" singt sie im beschwingten "Everything You Touch", dessen Refrain von einer zweiten weiblichen Stimme untermalt wird. "Medicine Water" ist ein mit Lawyer Dave vorgetragenes Country-Duett. Toll, wie sich die beiden Stimmen ergänzen. Gerade die Duette entpuppen sich während des Hörens als entwaffnend. "Crow Jane", das verspielte "So Long" oder "Time To Go" sind allesamt fantastische Lieder, die durch die Zweistimmigkeit noch aufgewertet werden. In den großartigen "You Can't Buy A Gun" und "Clean In Two" spielt Holly all ihre Qualitäten aus, wenn ihre Stimme dezent anhebt, um zu einer harmonischen Melodie auszuholen. Mehr als eine akustische und wieder eine Steel-Gitarre braucht es nicht, um mir ein entzücktes Lächeln ins Gesicht zu zaubern, das auch im weitern Verlauf nicht weichen will.
In bester Gram Parsons-Manier übernimmt Dave in "Jesus Don't Love Me Anymore" den Gesangspart, in "I Let My Daddy Do That" erinnert der Sound an die "Texas Campfire Tapes" von Michelle Shocked. Ein wenig psychedelisch muten die langgezogenen Strophen in "Whoopie Ti Yi Yo" an, ehe das Album mit dem Instrumental "Devil Don't", das an den Opener anknüpft, abschließt.
Holly Golightly überzeugt sowohl als Songwriterin als auch als Sängerin. Mit Lawyer Dave hat sie einen kongenialen Mitstreiter an ihrer Seite, der mit seinem Gesang und dem unaufdringlichen bluesigen Gitarrenspiel Akzente setzt. You Can't Buy A Gun When You're Crying" ist ein heiteres, aber niemals lautes Werk, das in allen Belangen überzeugt. Die schlichte Instrumentierung, die unaufdringlichen Arrangements und der Harmoniegesang sind vorzüglich geeignet, um den tollen Songs die größtmögliche Wirkung abzuringen. Das Fehlen eines Schlagzeugs ist da nur konsequent. Wer dieses zeitlose Album nicht mag, der wird Holly Golightly niemals mögen.
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