laut.de-Kritik

Viel Energie und Freude am Musizieren.

Review von

Nach "Rise", ihrem zweiten Werk von vor vier Jahren, wurde es still um die Supergroup Hollywood Vampires. Im Juni letzten Jahres kündigten die Vampire kurz nach Johnny Depps Sieg im Gerichtssaal zusammen mit einer verschobenen Europatour ihr Comeback an. Ein paar Ostküsten-Daten musste sie in der Release-Woche ihres ersten Livealbums "Live In Rio" aufgrund einer Knöchelverletzung des Schauspielers verschieben.

Das Konzert in Rio de Janeiro fand zum Glück schon 2015 statt. Alice Cooper, Johnny Depp, Joe Perry und Tommy Henriksen performten mit Duff McKagan, Matt Sorum und Bruce Witkin im Line-up vor etwa 100.000 Musikbegeisterten beim Rock In Rio-Festival. Ihr bisher größter Auftritt hält mit diesem Meilenstein mit: Auch im Alter rocken sie mit ihren Gästen noch ab, und Coopers Stimme merkt man sein Alter nicht an. Dass dem Produzenten Bob Ezrin Rockgrößen der 70er und 80er keineswegs fremd sind - er produzierte beispielsweise Pink Floyds "The Wall" mit - ist eine zusätzliche Stütze für die Platte.

Den Auftakt der Performance macht "Raise The Dead", der in dieser Setlist einzige von der Band selbstgeschriebene Song. Wie es für ein südamerikanisches Publikum üblich ist, empfängt es die zunächst sieben Personen starke Formation schon enthusiastisch, da erscheint erst der Schriftzug "Hollywood Vampires" auf der Leinwand. Als diese die ersten Töne anstimmen, wird das Jubeln noch lauter. Matt Sorum am Schlagzeug trommelt sogleich das Intro so akkurat nach, wie man es auf der Studioversion hört. Was der Auftritt dem Album voraus hat, ist die von der Gruppe ausgehende Energie, die live um einiges mehr zum Vorschein kommt. Bei so einer tighten Performance ist es wenig verwunderlich, dass die Zuschauer mit ihren begeisterten Rufen immer wieder in den Vordergrund rücken. Die Instrumente sind hinsichtlich ihrer Lautstärke zudem gut ausbalanciert, keins überpowert die übrigen.

Als erstes Cover des Abends wählen sie den The Who-Klassiker "My Generation", den sie wie die meisten Tracks schon für ihr Debüt aufnahmen. Depp und Perry wechseln sich an der Leadgitarre im Solo ab, in dem man merkt, dass Depp neben dem Schauspielern ebenso ein Instrument gut beherrscht. Cooper bekommt zusätzliche Verstärkung von allen im Backgroundgesang, der so voll wie in der Aufnahme klingt. Auch auf "I Got A Line On You" treten sie als eingespieltes Team auf, alles sitzt.

Zwischen ihrer Interpretation des John Lennon-Songs "Cold Turkey" und der Doors-Medley "Five To One / Break On Through" schaffen sie einen reibungslosen Übergang. Jim Morrison und John Lennon waren beide Teil des von Cooper gegründeten Clubs "The Hollywood Vampires", nach dem sich die Supergroup später benannte. Keiner der zwei dürfte Einwände gegen die Cover gehabt haben, sie sind würdige Tribute an Musiklegenden der 70er.

Etwa nach der Hälfte des Konzerts löst Halestorm-Frontfrau Lzzy Hale Alice Cooper am Mikro ab. Gerade zum richtigen Zeitpunkt, denn ihre kratzige Stimme ist wie für Robert Plants Gesang in "Whole Lotta Love" gemacht. Cooper bleibt nicht untätig und übernimmt einen Part mit der Mundharmonika. Nicht nur die Fans finden Gefallen an der Led Zeppelin-Nummer, die Musiker haben ebenso ihren Spaß. Zu guter Letzt nimmt Johnny Depp noch den Slide in die Hand und führt ihn gekonnt über das Griffbrett.

Bevor Hale zum Start von "Jeepster" die Bühne verlässt, verteilt sie noch ein paar Umarmungen. Dem T.Rex-Track fügt Perry mit seiner schnellen Soloeinlage inklusive Tapping eine eigene Note hinzu. Marc Bolans Textzeile "I said girl I'm just a vampire for your love" lädt förmlich zu einem Verweis auf den Namen der Band um Cooper ein.

Um eine Performance seines Hits "School's Out" kommt dieser selbstverständlich auch nicht bei einem Hollywood Vampires-Konzert umhin. Im Gegensatz zu anderen Künstlern gibt er seinen größten Hit aber auch 43 Jahre nach Veröffentlichung noch sichtlich gerne zum Besten. Dass der Brasilianer Andreas Kisser eine weitere Position an der Gitarre belegt, bringt den Vampiren aus Hollywood bei den Landsleuten des Sepultura-Mitglieds Pluspunkte ein. Vor seinem kurzen Solo feuert ihn die Menge nochmal ordentlich an. Die Gitarren verstummen schließlich und vollziehen einen Wechsel zu "Another Brick In The Wall", bei dem das Publikum seine Textsicherheit unter Beweis stellt. Das Mitsingen klappt trotz Coopers wiederholten Impulsen auf "Brown Sugar" weniger gut. Das liegt dem Applaus am Ende des Konzerts nach zu urteilen jedoch nicht an der Darbietung selbst. Die "School's Out/Another Brick In The Wall"-Medley hätte dem Ganzen aber ein stärkeres Ende gegeben.

Schon oft hat man leidend Videos von gescheiterten Cover-Versuchen vor vollen Rängen betrachtet. Hollywood Vampires' "Live In Rio" ist in Anbetracht dessen ein Lichtblick und zeigt, wie es geht. Live spürt man die Harmonie zwischen den Mitgliedern und Gastmusikern. Sowohl die Formation als auch das Publikum hatte damals einen guten Abend - so sollte es sein.

Trackliste

  1. 1. Raise The Dead
  2. 2. My Generation
  3. 3. I Got A Line On You
  4. 4. Cold Turkey
  5. 5. Five To One / Break On Through
  6. 6. Manic Depression
  7. 7. 7 And 7 Is
  8. 8. Whole Lotta Love
  9. 9. Jeepster
  10. 10. I'm A Boy
  11. 11. School's Out
  12. 12. Billion Dollar Babies
  13. 13. Train Kept A-Rollin'
  14. 14. Brown Sugar

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