laut.de-Kritik
Der Kopfnickfaktor wird heuer groß geschrieben.
Review von Eberhard DoblerEine TV-Doku von 2003 zeichnet nach, wie Hubert Von Goisern einige westafrikanische Staaten bereist, um offizielle Konzerte mit heimischen Künstlern zu bestreiten und in abgelegeneren Dörfern auszuloten, ob sich schwarzes Rhythmusverständnis spontan mit alpenländischen Jodlern kreuzen lässt: ein sehenswertes Stück Musikfernsehen.
Seine neue Platte weist die gewohnt hohe textliche Qualität aus, hat mit derlei Weltmusik-Experimenten aber weniger zu tun als sonst. Natürlich bleibt der gerne als Vater des Alpenrocks titulierte seinem Crossover schon aus Mundartgründen treu. Allerdings öffnete er sich mit neu zusammen gestellter und verjüngter Band deutlich in Richtung populärer Genres: Der Kopfnickfaktor wird heuer groß geschrieben.
Tough groovende Rocknummern ("Showtime" und "Leben") - selten dürfte sich ein Drummer in Huberts Studio mehr verwirklicht haben - stehen neben elektronisch orientierten Tracks. "Rotz & Wasser" etwa instrumentiert Ausschnitte aus einer Radioübertragung des österreichischen Kult-Sportreporters Heribert Meisel vom WM-Viertelfinalspiel Österreich gegen Schweiz 1954.
Dazu kommen synkopiert und lässig groovende Offbeat-Soundscapes ("Auseinandertreiben"), ein Dancehall-Gerüst mit Rockgitarre, Akkordeon und östlicher Folklore ("Herschaun") oder einfach waschechter Pop ("Weltuntergang"). Die alpenländischen Verweise scheinen zwar immer wieder durch, fallen im Verhältnis aber relativ spärlich aus.
Stattdessen klingen Hubert und Band streckenweise eher nach De-Phazz ("Hermann"), und die Strophen von "Haut & Haar" könnte die Peppers-Rhythmus-Sektion verwenden.
"S'Nix" wurde ungewohnt rau eingespielt - trotz entspannten Tracks wie "Regen" oder der auf dem Papier zwar interessanten, musikalisch aber unspannenden Balladenkoop mit Xavier Naidoo("Siagst As"). Die Platte weist eine große Bandbreite aus, bleibt aber aus einem Guss - ein weiterer Beweis für Goiserns Expertise.
Jene kommt aber nicht technokratisch daher, sondern mit Wärme und Herzblut. Und dazu instrumentiert der Chef-Alpenrocker auf Tracks wie "Die Liab" zuweilen frischer und experimenteller als manch seiner Ziehkinder.
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