laut.de-Biographie
Hypocrisy
Was haben Schweden und Florida gemeinsam? Die Flugelche, die im Sommer in Schweden grasen, brüten im Winter in Florida. Okay, es gibt in beiden Gebieten extrem geile Death Metal-Bands, aber sonst?
Nun, Florida bringt Peter Tägtgren die Brutalität und Aggression des Death Metals näher. Seinem neu gewonnenen Kumpel Phil Fasciana von Malevolent Creation, verspricht er, das nächste Mal mit eigener Band und einem Deal in der Tasche zurückzukommen. Das war 1990.
Kaum wieder in Schweden, setzt sich der Mann, der mit seinem Nebenprojekt Pain inzwischen deutlich erfolgreicher ist, auf seinen Hintern und steht erst wieder auf, nachdem er komplett alleine ein Demo eingezimmert hat.
Allerdings ist er mit den Vocals unzufrieden. Die Chancen für Live-Auftritte einer Ein-Mann-Death Metal-Band halten sich ohnehin eher in Grenzen. Somit kommen Masse Broberg am Mikro, Mikael Hedlund am Bass, Lars Szöke an den Drums und Jonas Österberg an der zweiten Klampfe ins Spiel.
Die beiden letztgenannten stoßen jedoch erst dazu, als der Deal mit Nuclear Blast schon in trockenen Tüchern liegt. 1992 erscheint das Debüt "Penetralia", das, genau wie unzählige andere zu dieser Zeit, typischen Death Metal zum Besten gibt.
Doch schon der Nachfolger "Osculum Obscenum" entpuppt sich als von einem ganz anderen Kaliber. Roher Auf-die-Fresse-Metal trifft auf Elemente des Black Metals, den Hypocrisy auf Tour mit Deicide und Cannibal Corpse präsentieren. Die EP "Inferior Devoties" zeigt die Combo in verändertem Line-Up. Peter übernimmt zusätzlich die Vocals. Masse und Jonas haben die Kurve gekratzt.
Mit dem '94er-Album "The Fourth Dimension" beginnt Peter, der seine Augenringe inzwischen als Dunkelkammer vermieten kann, endlich, einen eigenen Stil für seine Band zu entwickeln. Das Motto lautet: Death Metal als Grundgerüst, ausgestattet mit allem, das atmosphärische Dichte verspricht.
Dieses Konzept führt das Trio auf "Abducted" erfolgreich fort und zeigt, dass Hypocrisy, im Gegensatz zu alten schwedischen Death Metal-Helden wie Entombed oder Dismember, nicht in einer musikalischen Sackgasse gelandet sind, sondern ihren Sound ständig weiter entwickeln.
Auch als Produzent ist Peter immer gefragter, da er im eigenen Abyss Studio nicht nur die Platten seiner Band veredelt, sondern auch für die Produktionen anderer Truppen zuständig ist. Als 1997 das Album "The Final Chapter" erscheint, glauben alle, der Titel sei Programm und die Band plane, nach dem Album die Segel zu streichen. Vor allem, da Peter, Lars und Mikael schon am neuen Projekt The Abyss werkeln.
Da sich der Erfolg mit Hypocrisy immer noch nicht in dem Rahmen bewegt, den Peter sich vorstellt, und die Studioarbeit immer mehr Zeit in Anspruch nimmt, scheint der Abschied besiegelt.
Letztlich lassen ihn steigende Popularität, der Zuspruch der Fans und der Spaß am Live-Spielen weitermachen. Somit kommt 1999 "Hypocrisy Destroys Wacken" heraus. Im selben Jahr beteiligt Peter sich nicht nur bei Lock Up, sondern veröffentlicht auch das nächste Studio-Album mit dem schlichten Titel "Hypocrisy".
Obwohl weder hier noch auf dem 2000er Werk "Into The Abyss" wesentliche Veränderungen auftauchen, zementieren die szeneübergreifenden Klangvariationen den Ausnahmestatus von Hypocrisy.
Mit "10 Years Of Chaos And Confusion" folgt 2001 die lange überfällige Dokumentation dieser einzigartigen Band und macht Appetit auf alles, das folgen mag.
Als 2002 eigentlich jeder eher mit der lange angekündigten dritten Pain-Scheibe rechnet, kommt Peter auf einmal mit einer neuen Hypocrisy-Rille daher, die auf den Namen "Catch 22" hört und so ziemlich genau das nicht ist, worauf man gefasst war.
Anstatt wieder schnelle Songs zu schreiben - oder solche, die mit massiven Keyboardeinsatzen arbeiten - besinnt sich Peter auf die Grundsätze von Bass, Drums und Gitarre und liefert ein variables Album mit jeder Menge starker Nummern ab. Hypocrisy sind daraufhin Teil der europäischen No Mercy-Tour mit Vader, Immortal, Disbelief, Malevolent Creation und einigen anderen und kümmern sich anschließend schon wieder um das nächste Album "The Arrival".
Die Aufnahmen laufen aber alles andere als glatt. Alles muss noch einmal gemastert und gemixt werden. Lars hat seine Stöcke inzwischen an Horgh (Ex-Immortal) abgegeben. Peter wildert überall in der Gegend herum. So röhrt er nicht nur auf dem Kataklysm-Album "Serenity In Fire" sondern auch auf der zweiten Bloodbath-Scheibe. Dass er besser kürzer treten sollte, merkt er bei den Arbeiten am neuen Pain-Album, als er in einer Bar plötzlich umkippt und kurzzeitig sogar ohne Puls ist.
Mit Vile, Exhumed und Cannibal Corpse brettern Hypocrisy anschließend durch Nordamerika, ehe es erneut mit dem nächsten Teil der 'No Mercy'-Tour durch Europa geht. Im Januar 2005 stehen einmal mehr die USA auf dem Plan, wo sie mit Dark Tranquillity und Soilwork für gute Laune sorgen.
Peter macht anschließend vor allem wieder als Produzent von sich reden. Er gibt nicht nur dem neuen Destruction-Album einen anständigen Sound, sondern greift auch Celtic Frost bei deren Comeback-Album "Dark Matter Manifest" unter die Arme.
Mitte September ist es Zeit für "Virus", das neue Album von Hypocrisy, ehe auch schon wieder die Arbeiten für die nächste Pain-Scheibe anstehen. Die Tägtgren-Maschine steht einfach niemals still. Nach dem Album-Release geht es 2006 auf Tour mit Nile, Soilent Green, Decapitated und anderen.
Anfang September verlässt Gitarrist Andreas Holma Hypocrisy. Grund sei die fehlende Motivation, außerdem nerve ihn das ständige Touren. Nach dem Ausstieg will er sich auf sein eigenes Projekt konzentrieren, dessen Name zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt ist. Auf der 'Machines At War'-Tour mit Fear Factory, Suffocation und Decapitated Ende des Jahres ersetzt ihn Darkane-Klampfer Klas Ideberg, der technisch einiges drauf hat.
Die nächsten Jahre liegt das Projekt Hypocrisy weitgehend auf Eis, da Peter zum einen als Produzent sehr beschäftigt ist, zum anderen Pain immer größer und größer werden. Erst Ende 2008 bestätigt die Band offiziell, an einem neuen Album zu arbeiten. Das trägt den Titel "A Taste Of Extreme Divinity" und knüpft an "Virus" an. Eingespielt haben Hypocrisy die Scheibe als Trio, auf der US-Tour im November hilft der Children Of Bodom-Chef Alexi Laiho aus.
Diesen Posten übernimmt ab 2010 der Sanctification-Gitarrist Tomas Elofsson, der auch auf der ersten Live-DVD "Hell Over Sofia - 20 Years Of Chaos And Confusion" zu sehen und hören ist. Im Kern bleiben Hypocrisy aber ein Trio, im Studio gar immer wieder sogar nur ein Duo oder Einzeln. "End Of Disclosure" nimmt Peter Ende 2012/Anfang 2013 weitgehend alleine auf und lässt nur Horgh für die Drums in sein Studio.
Noch keine Kommentare