laut.de-Kritik

Großartige Popwattewolke aus Berlin.

Review von

Beim Bandnamen rasselt sofort die Assoziationskette: "I Might Be Wrong" ist ein Radiohead-Song von deren "Amnesiac"-Album. Entsprechend tendiert mein schlichtes Gemüt dazu, einen ähnlichen Sound von "It Tends To Flow From High To Low" (was für ein abscheulicher Schüttelreim!) zu erwarten. Als dann die ersten komischen Bläsertöne (Oboen?) von "Always North" erklingen, wähnt man sich in einem Indiekollektiv à la I'm From Barcelona. Und wieder liegt man falsch.

Doch Sekunde 20 nimmt dem Hörer den Schleier von den Ohren. Wir hören ein Phoenix-Album! Luftiger Indiepop mit elektronischen Spielereien, wie ihn die Franzosen so perfekt beherrschen. Allein: I Might Be Wrong stammen aus Berlin und es singt mit Lisa Von Billerbeck eine Frau. Und der Opener geht ins Ohr, aber wie!

"Cold Comfort" offenbart eine weitere Stärke des Quintetts: Hooklines galore! Die Stücke auf dem Debütalbum übertrumpfen sich an Eingängigkeit, dass aber keinesfalls mit Beliebigkeit gleichgesetzt werden darf. Da verzeihe ich dann auch gerne so grenzdebile Wortspiele wie "Decor D'Accord" oder "Lightning Stripes, Then Rain".

Erstgenanntes geht übrigens dezent nach vorne, und eine weitere Qualität wird offengelegt: Tanzbarkeit! Letzteres nimmt bedächtig die Geschwindigkeit heraus und bringt zwei weitere Referenzpunkte ans Licht: Zoot Woman und The Postal Service. Und dennoch wird es niemand wagen, die Eigenständigkeit von I Might Be Wrong anzufechten.

"One Room Second Try" beschließt den früh angesetzten besinnlichen, fast etwas melancholischen Mittelteil ("Never step on the cracks on the sidewalk!"). "Paternoster Patrol" baut auf einen vertrackten Beat auf, den die ruhige Pianolinie und der stoische Gesang von Billerbecks konterkariert.

"Repeat Rewind" unterstreicht dann noch einmal die schon angesprochenen Hookline-Qualitäten des Quintetts. Großartig, was die Berliner hier zusammenschrauben. Nach diesem High geleiten die drei abschließenden Tracks den Hörer auf einer rosaroten Popwattewolke ans Ende der Platte, nach der es nur eine Möglichkeit gibt: "Repeat Rewind"!

Trackliste

  1. 1. Always North
  2. 2. Cold Comfort
  3. 3. Decor D'accord
  4. 4. Lightning Stripes, Then Rain
  5. 5. One Room Second Try
  6. 6. Paternoster Patrol
  7. 7. Repeat Rewind
  8. 8. She Knits Lakes
  9. 9. We Don't Wear Colours
  10. 10. Library Day

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