laut.de-Kritik

Play it loud!

Review von

Sie sind die bedeutendsten Power Metal-Helden aus den USA, die öfters mal die Aufstellung wechselnde Riffmeister-Mannschaft um Gitarrist und Mastermind Jon Schaffer. Knapp nach den unschlagbaren Jag Panzer um den Sangesgott Harry 'The Tyrant' Conklin natürlich, auch wenn das nur eine persönliche Einschätzung des hier zuständigen Schreiberlings sein mag. Aber allein das mehr als sechzehnminütige Meisterwerk "Dante's Inferno" von der dritten Iced Earth-Scheibe "Burnt Offerings", das sich zwischen allen bedeutenden Longtracks der Rock-Geschichte an prominenter Stelle einreiht, verleiht der kalifornischen Truppe relative Unsterblichkeit. Danke noch einmal dafür, ihr Helden!

Doch wie das so ist, kann man einmal aufgestellte Höchstleistungen nicht jahrzehntelang wiederholen. Deswegen ist der Iced Earth-Katalog logischerweise auch qualitativen Schwankungen unterworfen. Das neue Werk aber ist beileibe kein Schwächling, sondern präsentiert sich stabil und mit allen für die Band typischen Trademarks. Dazu kommt aber, dass gerade Jon Schaffer in der letzten Vergangenheit durch etliche persönliche Tiefen gegangen ist und dass die Band dieses Mal in einer völlig neuen Umgebung, nämlich Schaffers neuem Studio, aufgenommen hat. Darüber hinaus gab es wieder mal ein paar Änderungen im Line-Up, letztlich jedoch keine wesentlichen im Iced Earth-Sound.

Allein textlich hat sich Haupt-Songwriter Jon Schaffer schärfer ausgerichtet und sowohl persönliche als auch weltpolitische Themen in seinen Fokus genommen. Wohl deshalb wird manchen Songtiteln das warnende Wörtchen 'explicit' hintenan gestellt. Das Auge des neutralen Kriegsberichterstatters erspäht in den Lyrics aber wenig wirklich Anstößiges. Dieses Label ist somit eher übertrieben und wahrscheinlich der bekannten seltsamen US-amerikanischen Prüderie geschuldet. Alles halb so wild, sortieren wir das mal unter 'Werbegag' ein.

Zur Musik. Mit Pauken und Trompeten zieht die "Great Heathen Army" in die Schlacht. Man hört Chöre, die sofort an den alten Dante erinnern, und nach ein paar mächtigen Schwertstreichen geht es im gestreckten Galopp in den Kampf. Gesangliches Heldentum und Riffgewitter machen klar, welche Truppe hier am Ruder ist. Guter Einstieg. Iced Earth sind wieder da. "Black Flag", "Raven Wing" und "The Veil" zeigen dann immer wieder auch die schon lange bekannte, lyrisch-akustische Seite der Band und ausgiebig den Kontrast mit heftigen Riff-Attacken und energischen Gitarrensoli. Neu ist das alles nicht, aber immer noch effektiv.

Der aggressive Kurztrip "Seven Headed Whore" tritt ordentlich Arsch, der "Ghost Dance (Awaken The Ancestors)" ist ein indianisch angehauchtes, nicht all zu originelles Instrumental, und nach den nach alter Väter Sitte angelegten "Brothers" und "Defiance" bildet das knapp zehnminütige "Clear the Way (December 13th, 1862)" einen Abschluss, der recht offensichtlich auf den Spuren des vorher so gelobten Infernos wandelt, aber diese Klasse nicht erreicht. Nun, wer erwartet das schon ernsthaft? Am Ende bleibt eine solide Mannschaftsleistung ohne große Ausfälle, aber auch ohne die Kraft des Innovativen. Iced Earth-Fans dürften dennoch zufrieden sein. Es ist ja alles eine Frage der Lautstärke. Play it loud!

Trackliste

  1. 1. Great Heathen Army
  2. 2. Black Flag
  3. 3. Raven Wing
  4. 4. The Veil
  5. 5. Seven Headed Whore
  6. 6. The Relic (Part 1)
  7. 7. Ghost Dance (Awaken the Ancestors)
  8. 8. Brothers
  9. 9. Defiance
  10. 10. Clear the Way (December 13th, 1862)

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