laut.de-Kritik
Zurück in die Zukunft: schon die Stimme erinnert stark an Bono.
Review von Josephine Maria BayerSie waren schon als Support Act mit den Arctic Monkeys, Kings Of Leon und Harry Styles auf Tour: Ein Probelauf für eigene Stadiontouren, die eines Tages folgen sollen. Inhaler haben das Zeug dazu. Dass sie bei den ganz Großen in der Lehre waren, ist hör- und fühlbar. An Selbstbewusstsein mangelt es ihnen jedenfalls nicht.
Nach ihrem Debutalbum "It Won't Always Be This Way" (2021) legt die Band jetzt mit "Cuts & Bruises" nach. Ganz im Gegensatz zum schmerzhaft klingenden Albumtitel ist dies eine optimistische Platte, vollgepackt mit energiegeladenen Songs über die Jugend und die Liebe.
Schlaues Marketing, dass "Cuts & Bruises", das den sphärisch-treibenden Song "Valentine" enthält, ausgerechnet in der Woche vom Valentinstag veröffentlicht wurde. "Be My Valentine (...) I need you on good days and on the bad ones too" singt Hewson. Der Songtext ähnelt einem Eheversprechen. Worte, die von Bindung und Halt sprechen. Die Sehnsucht nach Beständigkeit und das gleichzeitige Streben danach, in der Leichtigkeit des Moments zu leben, stehen sich auch in den zehn weiteren Tracks des Albums gegenüber.
Nach dem gelassenen Opener "Just To Keep You Satisfied", leiten Tamburin und Bass den energiegeladenen Track "Love Will Get You There" ein. Leidenschaftlich singt Hewson vom Verlangen, sich lebendig zu fühlen, während seine Bandkollegen Beatle-esque Backingvocals beisteuern. Der Song handelt auch davon, sich nicht von Ungeduld treiben zu lassen: "I couldn't reach it, too busy waiting on a moment. (...) You got to slow down, my friend. Love will get you there "
Auch das gut gelaunte, von Robert Keatings Bassline angetriebene "These Are The Days" handelt von dem Wunsch, im Hier und Jetzt anzukommen. Dazu kommt das Bestreben, sich von gesellschaftlichen Erwartungen zu lösen: "And we can do anything we want for a while, they say, and tell you to behave with a smile."
"If You're Gonna Break My Heart" handelt zwar von Herzschmerz, tröstet aber gleichzeitig mit seinem gemütlichen Bass und warmen Gospel-Piano. Lyrisch und melodisch zeugt der Track von einem reifen, ausgeklügelten Songwriting. Den hellen, cleanen Gitarrenarrangements stellt sich der trotzig-verzweifelte Text entgegen:"If you're gonna break my heart, smash it to pieces.'Cause I'm not gonna need it as much as I do right now."
Nach dem die Platte mit "Dublin In Ecstasy" ihr feuriges Crescendo erreicht, verliert sie nach dem Track allmählich an Spannung, doch der Schlusstrack "Now You Got Me" birgt noch eine kleine Überraschung: Denn der Gitarrenriff im Refrain erinnert an das Intro des Guns N' Roses Hits "Sweet Child Of Mine". Ein musikalischer Einfluss, den man bei Inhaler nicht unbedingt erwartet hätte.
Der Look der vier Bandmitglieder ist androgyn-verträumt und passt damit perfekt in das Beuteschema der enthusiastischen Gen Z-Fans, die sich bereits in Scharen um die junge Band gesellen. Dabei sind Inhaler in gewisser Hinsicht auch nur eine weitere Boygroup mit Gitarren, so wie schon sehr viele vor ihnen.
Allerdings stehen den jungen Iren weniger Hindernisse im Weg als anderen Indie-Musikern in ihrem Alter. Einer Band, deren Sänger Bonos Sohn ist, öffnen sich einige Türen von alleine. Die Kunst sei es, diese Chance zu Nutzen und eine entsprechend gute Leistung hinzulegen, sagte Frontmann Elijah Hewson in einem Interview gegenüber dem New Music Express: "Diese Türen werden sich genauso schnell schließen, wie sie sich öffnen, wenn wir nicht gut sind. Wir stehen unter dem Druck, unser Spiel zu verbessern und nicht zu versagen."
Vergleiche mit seinem berühmten Vater wird der Lead-Sänger wohl für den Rest seines Lebens über sich ergehen lassen müssen. Allerdings grenzt der Bono-Spross sich in musikalischer Hinsicht kaum von seinem Vater ab und ist deshalb irgendwie auch selber schuld. Denn klanglich geht es mit Synthesizer und viel Hall direkt zurück in die Achtziger. Auch Hewsons Stimme ist erkennbar mit der von Bono verwandt. Vielleicht ist der Retro-Sound auch eine Art Flucht nach vorn. Wenn man ohnehin immer mit "Du-Weißt-Schon-Wem" verglichen wird, warum sollte man dann nicht mit diesen Erwartungen spielen? Inhaler machen sich den 80er-Sound zu eigen und geben ihrer Retro-Begeisterung einen modernen Indie-Pop-Twist.
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