laut.de-Kritik

Wimmernde Streicher verleiden einem noch den knackigsten Bass.

Review von

"Hip hop is falling apart / Deck, he's the glue." Es existieren Parts auf alten Wu-Tang-Alben, die ersteres zwar ins Reich der düsteren Legenden verweisen, am zweiten Teil der Aussage jedoch kein Fitzelchen Zweifel übrig lassen. Inspectah Deck wird unterschätzt - darin zeigt sich die Wu-Anhängerschaft weithin einig.

Warum dies zur "Neverending Story" gerät? Gut möglich, dass es an seinen Solo-Alben liegt, mit denen Rebel INS regelmäßig einfach nicht über solides Mittelmaß hinaus kommt. "Manifesto" stellt für den Kritiker, dem zum größten Wu-Addict im Hause nur das Fledermaus-Tattoo fehlt, erneut keine dankbare Aufgabe dar.

Zu unentschlossen, zu zerfahren gestaltet sich das Gesamtbild. Hielten sich in der Vergangenheit Hits und Totalausfälle wenigstens noch einigermaßen die Waage, spart sich Deck jetzt auch noch die Extreme.

Mit Ausnahme des in seiner Kürze zum Zwischenspiel degradierten "P.S.A.", dem Lee Bannon den superfinster schiebenden Sound spendiert, bleibt kaum etwas überhaupt hängen. "The track's Godzilla", hätte es zumindest werden können, hätte man ihn zu voller Größe auswachsen lassen.

Deneben gehen "9th Chamber", bestechend in seiner Schlichtheit, und vielleicht noch "Gotta Bang" mit Schützenhilfe seitens Kurupt und Billy Danze halbwegs durch. Alles andere wandelt - vor allem, was die Beats betrifft - im finsteren Tal übelst ausgetretener Pfade, auf denen sich beim besten Willen keine Fußstapfen mehr hinterlassen lassen.

"Born Survivor" konstatiert ganz richtig: "Bush hated niggas, now the president's a brother" - und zitiert folgerichtig eine Obama-Ansprache. Der rockig-krachende Gitarreneinstieg wirkt allerdings in etwa so innovativ wie der in "The Champion" verwurstete Boxkampf oder das gepitchte Vocal-Sample in "Crazy", das bereits beim zweiten Mal höllisch nervt. Das wohlgemerkt schon beim ersten Hören des Songs.

In "This Is It" passiert dafür gleich so wenig, dass man den Beat schon vergessen hat, ehe das darauf folgende "Luv Letter" auch nur anhebt. Eine schöne Basslinie versucht, die Nummer vorm Ersaufen im Kitsch zu bewahren - ebenso verzweifelt wie vergebens.

Was haben solche Schmachtfetzen überhaupt in einem Umfeld zu suchen, das "Really Real" erscheinen möchte? Und was sollen - in der gleichnamigen Nummer wie anderswo - diese über allem wimmernden Streichertöne, die unmittelbar auf den Nervenfasern zu kratzen scheinen und einem auch den knackigsten Bass verleiden?

Rätselhaft bleibt ebenso, wie ein Inspectah Deck an einer Stelle so mühelos leichtfüßig über instrumentale Grabsteine kraxelt wie in "Tombstone Interlude", an anderer (Beispiel: "The Bad Apple") derart gelangweilt rüberkommt, dass man schon während der Eröffnungsworte, "I am from New York ... ... ... City", schier einschläft.

Zwanzig Tracks dieses Kalibers wären wirklich nicht nötig gewesen. Wenn man es über die volle Distanz eines Albums - ganz offenbar - nicht schafft, zwischendrin die Lust verliert oder sich nach zwei Jahrzehnten im Geschäft einfach nicht entscheiden kann, in welche Richtung man sich wenden, welche Zielgruppe man abfrühstücken möchte, sollte man vielleicht noch einmal in sich gehen.

Trackliste

  1. 1. Tombstone Intro
  2. 2. The Champion
  3. 3. Born Survivor feat. Cormega
  4. 4. This Is It
  5. 5. Luv Letter feat. Ms Whitney
  6. 6. P.S.A
  7. 7. T.R.U.E feat. Meshel
  8. 8. We Get Down
  9. 9. The Big Game feat. Raekwon & AC
  10. 10. Tombstone Interlude
  11. 11. 9th Chamber
  12. 12. Really Real feat. Carlton Fisk & Fes Taylor
  13. 13. Serious Rappin' feat. Termanology & Planet Asia
  14. 14. Do What U Gotta
  15. 15. Crazy
  16. 16. Gotta Bang feat. Kurupt & Billy Danze
  17. 17. The Bad Apple
  18. 18. Brothaz Respect feat. Cappadonna & Fes Taylor
  19. 19. 5 Star G
  20. 20. The Neverending Story feat. Pleasant

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