laut.de-Kritik

Fleischgewordene Spandexhosen, Homoerotik und fiese Vokuhilas - aber die Show ist großartig.

Review von

Ich fasse es nicht. War ich allen Ernstes erst 13 Jahre alt, als "Seventh Son Of A Seventh Son" raus kam? Haben meine Eltern deswegen schon eine vorgezeichnete Karriere als drogenabhängiger Langhaariger ganz im Dienste der Musik kommen sehen? Hatten sie am Ende recht damit? Und was sollen die homoerotischen Bilder im Vorspann zum Opener "Moonchild" in unsagbar peinlichen Unterhosen?

Fragen, auf die "Maiden England 88" auch keine Antworten gibt. Die gab es weder auf der VHS-Erstveröffentlichung, noch auf der DVD-Wiederauflage mit zusätzlichem 5.1-Soundmix von Kevin Shirley. Mit Sicherheit darf man sich auch fragen, was es soll, ständig olle Kamellen neu aufzuwärmen, um das sammelwütige Volk zu ködern. Doch erstens zwingt einen niemand zum Kauf und heutzutage weiß doch eh kein Jugendlicher mehr, was ein VHS-Recorder überhaupt ist.

Als Jugendlicher fragt sich eher, warum da jede Menge fleischgewordene Spandexhosen in der Gegend rumspringen, warum Adrian Smith einen ganz fiesen Vokuhila zur Schau trägt und warum Nicko McBrain offenbar erst mal im Jackett spielt. Ja Kinder, die Zeiten waren nicht unbedingt schön, klangen aber verdammt geil und egal ob man nun den alten oder den neuen Mix bevorzugt – die Show ist großartig.

Denn wie noch heute singt Bruce Dickinson wie ein junger Gott, beackert ein Steve Harris seinen Bass, als wäre er sein Erzfeind, und legt dabei genau so viele Kilometer zurück wie sein Sänger und ZWEI Gitarristen. Jene lassen sich bei den "Seventh Son"-Stücken zwar immer wieder von Synthies aus dem Off unterstützen, schaukeln die Sache ansonsten aber ganz locker. Ich bleibe aber dabei: Ohne Zappelheini Gers wirkt das Bühnenbild kompakter.

Im Gegensatz zur VHS, die irgendwann einfach voll war, erleben wir auf der DVD nun auch die Zugaben in Form von "Run To The Hills", "Running Free" und "Sanctuary". Erstaunlich, dass sogar eine relative Sparnummer wie "Still Life" ihren Weg ins Programm schaffen konnte. Da können die Backings in "Can I Play With Madness" noch so schief sein – die Atmosphäre der Show ist einzigartig und der Matrosenchor der kompletten Crew bei "Heaven Can Wait" reißt es eh wieder raus.

Die Bildqualität lässt kaum Wünsche offen und vor allem die Schnitttechnik war zur damaligen Zeit noch lange nicht so hektisch wie heute. Und dass die Lichttechniker bei Maiden von jeher zur absoluten Spitzenklasse gehören, ist wohl auch jedem klar.

Die zweite DVD glänzt mit dem mittlerweile dritten Teil der Doku "The History Of Iron Maiden" und der 90-minütigen Show "12 Wasted Years", die logischerweise die ersten zwölf Jahre der Bandgeschichte Revue passieren lässt. Als kleines Extra stehen dann noch die – nicht ganz unpeinlichen – Videos zu den Alben "Wasted Years" und "Seventh Son Of A Seventh Son" an und runden die Doppelscheibe ordentlich ab.

Trackliste

  1. 1. DVD 1= DVD I
  2. 2. Moonchild
  3. 3. The Evil That Men Do
  4. 4. The Prisoner
  5. 5. Still Life
  6. 6. Die With Your Boots On
  7. 7. Infinite Dreams
  8. 8. Killers
  9. 9. Can I Play With Madness
  10. 10. Heaven Can Wait
  11. 11. Wasted Years
  12. 12. The Clairvoyant
  13. 13. Seventh Son Of A Seventh Son
  14. 14. The Number Of The Beast
  15. 15. Hallowed Be Thy Name
  16. 16. Iron Maiden
  17. 17. Run To The Hills
  18. 18. Running Free
  19. 19. Sanctuary
  20. 20. DVD 2= DVD II
  21. 21. The History Of Iron Maiden Part 3
  22. 22. 12 Wasted Years
  23. 24. Stranger In A Strange Land

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