laut.de-Kritik
"Splash", sagt die Welle.
Review von Markus Brandstetter"Well, how many subplots you got runnin' around your mind? / The Gordian Knot must be cut through / Give me a red pen, I will simplify your story / Which part of yourself can you afford to lose?", singt Jack Johnson zu Beginn seines neuen Studioalbums "All Of The Light Above It Too". Den vielen Subplots, dem Lärm, dem Chaos setzt Jack – Überraschung! – Gelassenheit, Introspektion und sehr entspannte Akustiksongs mit sparsam und gezielt eingesetzter Instrumentierung entgegen. Genau den Sound, der den ehemaligen Profi-Surfer Anfang der 2000er Jahre berühmt machte und den er auch nur rudimentär (mit kleinen Exkursionen zur E-Gitarre) abänderte.
Nun ist der Ozean aber nicht nur lebensstiftend, ein guter Platz zum Surfen und die perfekte Kulisse zum Reinstarren, Sinnieren und Runterkommen, sondern in erster Linie auch eins: ziemlich kaputt. Schon das Albumcover zeigt das: Johnson in einem Kunstwerk aus angehäuften Plastikmüll. Das besingt er unaufgeregt, aber doch mit freundlichem Zeigefiner. "Understand one thing / If and when you drink / From this vast ocean / You can't control it / Na, na, na, you can't control it", heißt es in "You Can't Control It". So etwas nennt man mellow Aktivismus, und wer würde Jack schon widersprechen wollen?
Auf "My Mind Is For Sale" bringt Johnson einen zurückgelehnten, langsamen Calypso. "I don't care for your paranoid / 'Us against them' walls / I don't care for your careless / 'Me first, gimme gimme' appetite at all", gibt sich der Sänger unbeeindruckt von dem wahnsinnigen und selbstzerstörerischen Rennen, das da draußen läuft und alle wahnsinnig macht. Man kann sich dazudenken, an wen er das adressiert hat, das mit der Mauer.
Die Band nimmt sich zurück, konzentriert sich, sehr laid back, auf Grooves. Ein bisschen E-Gitarre hier, ein paar Percussions da, gelegentlich. All die Assoziationen, die einem in den Sinn kommen, tauchten auch bei den sechs anderen Jack Johnson-Alben bereits auf. Frère Jacques hat noch nie daneben gegriffen und greift auch diesmal nicht daneben. Seine Alltagsbeobachtungen sind immer noch pointiert, melancholisch, leise. Man hört die Weltmeere rauschen, man fühlt, wie man ruhiger wird ... Ist ja nicht unangenehm, das.
"A box of books, a book of rocks / One for the birds, one for the knots / That I will learn how to tie / Around this day to keep my life / From sliding away", singt der Gute in "Big Sur", und genau, als er die Worte "Sliding Away" sagt, spielt eine Slide-Gitarre in die Wellen rein. Das Lagerfeuer bleibt eben sein Lieblingsort: "Always endless conversations / Implicated by the stars / A little wood to keep it burning / Fascinated by it all / And always."
Wem das vorher schon langweilig erschien, wird das auch weiterhin langweilen. Jack wird es mit ziemlicher Sicherheit gelassen hinnehmen. "Splash", wird die Welle sagen. Jack wird gelassen lächeln. Zen, eben.
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