laut.de-Kritik
Fans soul-lastiger R'n'B-Schnulzen: Hier entlang!
Review von Dani FrommFans soul-lastiger R'n'B-Schnulzen: Hier entlang! Freunde - wohl eher Freundinnen - emotionstriefender Schmachtnummern werden bei Ghetto-Crooner Jaheim seit jeher fündig. "Never change a winning team", dachte sich da wohl einer: Mit "Ghetto Classics" wird voll auf das bewährte Konzept gesetzt. Langweilig? Jawohl.
Wie kommt's? An der Produzenten-Riege liegt es sicher nicht. Naughty By Natures Kay Gee, Jaheims Entdecker, kommt ausgiebig zum Zuge. Bink, auch kein unbeschriebenes Blatt, versieht "Everytime I Think About Her" mit leisen Orgelklängen. Raps von Jadakiss und reichlich Uuh-Uuh-Gesang motzen die Nummer auf. Der große Scott Storch, an sich immer ein Garant für volle Tanzflächen, sorgt für den druckvollen Bass in "Forgetful". Trotzdem so langweilig? Jawohl.
Aber warum? Dass es sich im R'n'B heute zwangsläufig immer und immer nur um Verführung, ums Vögeln und um den anschließenden Katzenjammer drehen muss, dass Einfallsreichtum wie Humor gleichermaßen auf der Strecke bleiben, dass ich mich frage, woher die Idee in den Köpfen der Männer kommt, "Conversation" der Sorte "if you ever need love or you just wanna be touched: Come over" stelle eine originelle Anmache dar ... all das habe ich bereits an anderen Stellen zahllose Male ausgiebig bedauert.
Nein, nicht in erster Linie die inhaltliche Eintönigkeit enttäuscht mich an "Ghetto Classics". Viel übler stößt mir das völlige Fehlen musikalischer Experimentierfreudigkeit auf. Eingestreute Rap-Parts von Jadakiss und Styles P dürfen, nein, müssen sein: Aber bitte nicht zu hart! Sachtes Piano, schwülstige Streicher, eine großzügig dosierte Handvoll Soul, alles strukturiert durch wohlprogrammierte, wuchtige Bässe: prima Zutaten, die in einer Weise klassisch arrangiert werden, dass man schon beinahe von Rückschritt sprechen muss. Jeder Track für sich geht in Ordnung. In der Masse ist der Schmalz-Bombast kaum zu ertragen.
"Ghetto Classics" also besser vermeiden? Keineswegs! Jaheim verfügt über ein schlagendes Argument, dass er gegen alle Kritik in die Waagschale wirft: Diese Stimme! Dunkel, ein bisschen rau, warm und gefühlvoll.
Whoooooooo und Doppel-Wow! Wenn dieser Mann singt, ist mir der Unsinn, den er von sich geben mag, so egal wie die zum x-tem Mal bemühte übertriebene Kulisse. Wenn Jaheim singt, dann krieche ich schon mal auf zitternden Knien ins Schlafzimmer voraus.
Noch keine Kommentare