laut.de-Kritik
Stadion-Rock ade, hier herrschen die ruhigen Töne vor.
Review von Vicky ButscherNeues Album. James eben - denkt man. Und erwartet das, was die Band immer schon so richtig gut konnte: Stadionrock der feinsten Art.
Hey, hat da jemand die falsche Platte reingepackt? Das Elektro-Intro auf dem Eingangsstück "Space" hätte man jeder anderen Band eher zugetraut als James. Was nicht heißt, dass dem Hörer schlechte Ware geboten wird. Man bekommt hier keine Birnen als Äpfel verkauft, aber eine andere Sorte Apfel hält man mit "Pleased To Meet You" schon in der Hand.
Ein insgesamt sehr ruhiges Album, das Mitsing-Hymnen à la "Sit Down" außen vor lässt. Wesentlich elektronischer und experimenteller als alles, was man von der Band bis jetzt kannte, kommt es daher. Und so wirkt die Platte trotz ihrer ruhigen Grundstimmung nie langweilig, sondern frisch.
Auf "Falling Down" schraubt sich Tim Booths Gesang erst in androgyne Höhen, um kurz darauf zur typischen James-Stimme zurückzukehren. Getragen wird diese duch eine recht statische Basslinie und einen Schlagzeugrhytmus, der sich nicht in ein glattes Muster einordnen lässt. "English Beefcake" beginnt so, wie man ruhige James-Songs gewohnt ist, ändert dann die Richtung mit folkigen Geigen. Und plötzlich, nachdem der Song schon zu Ende zu sein scheint, setzt wieder Gesang ein: "There's nothing to say/I get in the way/unable to break obsession" wird gebetsmühlenartig wiederholt, während die Instrumente nacheinander einsetzen und so eine Steigerung erzeugen, die den Song fast als Hymne enden lässt.
Doch die sanfte Grundstimmung und verzweifelte Texte ziehen sich durchs ganze Album. "Don't trust the angels/May be devils in disguise" singt Booth in "The Shining", dem wohl schönsten Stück des Albums. Eine Textzeile, die die Verzweiflung über die nicht funktionierende Liebe, neben der Selbstfindung das Hauptthema des Albums, deutlich zum Ausdruck bringt. "...Love's just Something that always goes wrong".
Einen klaren Aussetzer hat die CD bei dem Song "Senorita". Das Stück beginnt, wie von einem alten James-Album, wandelt sich im Refrain aber zu einem Gekreische mit schlimmster Popmelodie. Schlicht überflüssig.
Da die Songs schnell wieder zu ruhigeren Tönen zurück kehren kann man das verzeihen, auch wenn der folkige Streichereinsatz vom folgenden "Give It Away" nicht ganz meinen Geschmack trifft ... Wenn man beim beruhigenden letzten Stück "Alaskan Pipeline" angelangt ist, hat man eine unbeschwerte Fahrt durch Tim Booths Zweifel hinter sich. Stadionrock ade, hier sind ruhige Töne angesagt.
2 Kommentare
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Bin verwundert!
Das Album brachte mich nach den ersten Napster Jahren wieder dazu, Musik zu kaufen.
9/10
Schon witzig, dass die Hymne "Getting Away With It" in der Kritik nicht mal erwähnt wird. Dieser Übersong ist ein Ohrwurm allererster Güte und hat die Top Drei der Band bei Spotify geknackt. Auf Konzerten zählt sie ebenfalls zum letzten Drittel der Setlists. Und ganz nebenbei ist der Song Schuld daran, dass ich die Band gerade so richtig entdecke und mir den Backkatalog zu Gemüte führe.
Ansonsten tolles Album natürlich und die Kritik ist ansonsten auch in Ordnung.