laut.de-Kritik

Meditative Klänge von herausragenden Solisten.

Review von

Die Lebensgeschichte von Jan Garbarek liest sich wie eine Odyssee durch alle (anspruchsvollen) Musikstile der Welt und der Epochen; auf seinem neuen Album zeigt der begnadete Norweger, dass letztlich doch alles zusammen gehört. Dabei ist der Einstiegstrack am ehesten mit dem Jazz der frühen Alben zu vergleichen, auf denen Gabarek mit Hilfe prominenter Mitstreiter wie Bobo Stenson oder Keith Jarrett den neuen europäischen Jazzsound maßgeblich prägte. So wie viele Garbarek-Veröffentlichungen der 70er Jahre lebt auch "As Seen From Above" von der Spannung zwischen durchkomponierten und improvisierten Elementen.

Wo die vorliegende, traum-gepriesene Reise hinführt, macht erst "In Praise Of Dreams" deutlich. In dem Titeltrack passiert eigentlich relativ wenig: nachdem sich zögerlich die harmonischen Nebel aus sphärischen Keyboards legen, erhebt eine eingängige, folkloristisch angehauchte Melodie ihr Haupt im Zusammenspiel der beiden Solo-Instrumente Saxophon und Bratsche, die ja beide nicht unbedingt für fröhlichen Klang bekannt sind und sich gegenseitig um so sanfter umgarnen.

In Kim Kashkashian an der Viola hat Jan Garbarek aber auch, was sicher nicht einfach war, eine Mitstreiterin gefunden, die ihm durchaus das Wasser reichen kann. Die Amerikanerin georgischer Abstammung nimmt im Bereich der zeitgenössischen, ernsten Musik eine ähnlich prominente Stellung ein, wie der berühmte Bläser. Sie ist unter anderem durch ihre Arbeiten mit dem derzeit weltbesten Geiger Gideon Kremer bekannt geworden; mittlerweile hat fast jeder zeitgenössische Komponist von Rang und Namen Stücke für sie verfasst.

Auf "In Praise Of Dreams" macht das streng aufgebaute "One Goes There Alone" zum ersten Mal ganz klar, dass Kashkashian durchaus ihre Erfahrungen aus der modernen Klassik einbringen will. Im weiteren Verlauf sorgt vor allem das einfühlsame Zusammen- und Frage/Antwort-Spiel der beiden Star-Solisten für Aufregung, während der ebenfalls begnadete Drummer Manu Katché zuverlässig bis behäbig im Hintergrund agiert.

Denn bei aller Solistenpower verweigern die drei doch jede sportlich-virtouse Anstrengung. Bei den meisten Stücken breitet Garbarek zunächst einen warmen Klangteppich aus allerlei synthie-generierten (Holz)bläsern, aus Klaviertupfern oder sogar Harfenklängen ("Cloud Of Unknowing"), der mit seinen einfachen Harmonien sogleich eine meditative Stimmung verbreitet. Und auch Bratsche und Sax gehen beim Improvisieren kaum riskante Wege, sondern tasten sich vielmehr in zaghaften Pastelltönen am Thema entlang und wiederholen oft die klanglichen Figuren in kaum merklicher Abwandlung.

Das ausgeprägt repetitive Element trägt nicht nur fast schon esoterische Züge, sondern macht auch das Album insgesamt zu einem in sich geschlossenen Musik-Universum, das kaum Fremdes mehr zulässt; manchmal wünscht man sich schon eine Spur von Selbstironie oder ein Fünkchen Humor. Wider diesen tierischen Ernst hört man "In Praise Of Dreams" einfach am besten als Hintergrundmusik.

Trackliste

  1. 1. As Seen From Above
  2. 2. In Praise Of Dreams
  3. 3. One Goes There Alone
  4. 4. Knot Of Place And Time
  5. 5. If You Go Far Enough
  6. 6. Scene From Afar
  7. 7. Cloud Of Unknowing
  8. 8. Without A Visible Sign
  9. 9. Iceburn
  10. 10. Conversation With A Stone
  11. 11. A Tale Begun

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