laut.de-Kritik
Man will noch einen trinken und: lieben.
Review von Mathias MöllerAls hätte Janove Ottesen gewusst, dass Väterchen Winter in diesem Jahr erst sehr spät seine eisige Hand um hiesige Gefilde legt. Der Norweger kennt sich aus mit Schnee und Dunkelheit, und siehe da, "Francis' Lonely Nights" könnte glatt die eine oder andere Nacht retten. Wenn dann die große Schneeschmelze kommt, klingen die poppigen Nummern nach und erleichtern den Übergang in den Frühling.
Der Songwriter des Kaizers Orchestra hat sich in skandinavischer Weisheit bei seinem Solo-Debüt für die englische Sprache entschieden. Das Ergebnis stellt sicher das eine oder andere Ohr aufrecht. Denn Ottesen gelingt eine ausgewogene Mischung aus sentimental-melancholischen Akustik-Tracks, wie man sie zum Beispiel von Kristofer Aström kennt, und einigen an Tanzbarkeit grenzenden nordischen Popperlchen.
So steht "Go Tell Her" in amerikanischer Songwriter-Tradition à la Tom Petty, während die traurigen Nummern "Forget About Me" oder "Her Face" in ihrer Fragilität an den schwedischen Kollegen Aström erinnern. Das lässig groovende "This City Kills" klingt ein wenig nach Kings Of Convenience, "Neighbour Boy" könnte als Verneigung vor Paul Simon verstanden werden.
Aber alles hat eine eigene Note, nämlich die volle, durchdringende Stimme des schmächtigen Ottesen. Sie erweist sich als stärkstes Instrument. Beim großartig arrangierten "Down To The Vertigans" wird das besonders deutlich. Man fängt unwillkürlich an, innerlich zu schunkeln, will noch einen trinken und: lieben.
Ottesen schafft nämlich das, was mir bei Aström zum Beispiel manchmal fehlt. "Franics' Lonely Nights" ist ein warmes Album. Natürlich gibt es hier auch tieftraurige Momente, in denen die Hoffnung ein anderer Planet zu sein scheint. Aber Ottesen lässt keinen Zweifel: am Ende der einsamen Nacht kommt der Tag, kommt der Frühling, kommt das gute Leben zurück und nimmt dich in die Arme.
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