laut.de-Kritik
Die Krefelder auf Kollisionskurs.
Review von Toni HennigDie Krefelder Grindcoreband Japanische Kampfhörspiele (oder kurz JaKa) befindet sich nach ihrer Reunion und Comebackplatte "Welt ohne Werbung" 2014 wieder auf Kollisionskurs. JaKa kündigen "The Golden Anthropocene" im Vorfeld als "das deutsche 9/11" an, was ja schon ein wenig daneben ist. Ihren deutschsprachigen Textcollagen aus Konsumkritik und gepflegtem Dadaismus bleiben sie dennoch treu, ihre wahnwitzigen Grindattacken versprühen eine authentische Fuck-Off-Attitüde, wie man sie von JaKa nicht anders kennt. In Hypergeschwindigkeit geht es also durch zwanzig knackige Tracks.
"Weiss" und "Planeten Planieren" nehmen mit ihrer für JaKa-Verhältnisse langen Spielzeit von elf Minuten schon fast die Hälfte des Albums ein. Beide Tracks pendeln zwischen Raserei und geschickt eingestreuten Mosh- und Mathparts hin und her. Die Produktion klingt weiterhin wie auf einer Müllhalde aufgenommen. Die Lyrics kritisieren das linke, rechte und kapitalistische elitäre Denken.
Ab "Antisein" gibt es größtenteils kurze Grindcoreeinschübe, die aber dafür variabel geraten und mit dem ein oder anderen verspielten Riff punkten. "The Golden Anthropocene" besitzt also viel Drive und außerdem die nötige Portion Rotz und Attitüde in den Shouts. Kurze kaputte Hörspiele lockern das Geschehen auf. Einen roten Faden sucht man wie auf den vorherigen Platten vergebens. Das macht JaKa 2016 äußerst unterhaltsam.
Lyrisch kreisen die Texte in gewohnter Manier um die Themen Konsum, Technisierung, Ausbeutung, Korruption, Manipulation, Burnout und Kriege. In "Tag 1 Nach Den Menschen" feiert die Erde nach dem großem Knall "3 Milliarden Jahre lang" eine Party, "bis wieder alles in Ordnung ist". Mit knapp sieben Minuten dürfte dies einer der längsten und spaßigsten JaKa-Tracks überhaupt sein. Ausgiebig moshen darf man auch zum Weltuntergang gerne. Am Ende gibt es zwei Bonustracks, die sich nahtlos an die Platte anschließen.
Bei nicht einmal einer halben Stunde Spielzeit scheren sich die Japanischen Kamphörspiele wenig um Konventionen, guten Geschmack und politische Korrektheit. Sie bleiben unberechenbar, kritisch, dadaistisch, unstruktiert und Punk im besten Sinne. "The Golden Anthropocene" klingt dadurch etwas überfordernd und anstrengend, aber ihre Mixtur aus EA 80 und Die Goldenen Zitronen in Schallgeschwindigkeit dürfte live für ausgelassene Pogoabende sorgen.
4 Kommentare
Ein paar Songs von denen waren immer ganz witzig. Hatte irgendwie nicht auf dem Schirm, dass es eine Reunion gab
Mal reinhorchen.
Meiner Meinung nach besser als "Welt ohne Werbung" von 2014, da abwechslungsreicher.
Rauchen Und Yoga bleibt bis heute mein Favorit der Herren
Aber auch hier wieder ein solide Scheibe mit hervorragenden Texten.
Ich finde, dass "TGA" an die "Rauchen Und Yoga"-Zeiten anknüpft. Insbesondere "Bilder Fressen Strom" und "Welt Ohne Werbung" (mir fällt gerade auf, dass die Albumtitel immer aus drei Wörtern bestehen - Zufall oder Verschwörung der freimauretanischen Illuminiten?) überzeugten mich nicht so, wie das jetzige Album.