laut.de-Kritik
Mehr Brechstange geht nicht.
Review von Toni Hennig2018 nahm die "Rübezahl"-Trilogie von Joachim Witt ihren Anfang. Die findet nun mit "Rübezahls Reise" ihren Abschluss.
Das Album betrachtet er als "eine Art Theaterspiel", erzählte der mittlerweile 72-Jährige kürzlich dem Fernsehmagazin prisma. Die Texte spiegeln seinen "Seelenzustand" wieder. Thematisch widmet er sich den ganz großen Themen. Es geht um Natur, Einsamkeit, Fernweh, Liebe, ja eben gar um die Seele.
Im Opener "Rübezahl" schlüpft Witt zu stampfenden Rhythmen, düsteren NDH-Keyboards und wagnerischen Bläsern aus der Konserve in die Rolle des Berggeistes, der von Einsamkeit geplagt den Entschluss fasst, "in die Ferne" zu "zieh'n". So begibt er sich mit schweren Gedanken auf eine Reise, die in menschenleere Täler und durch Dornen und Sträucher führt und damit endet, dass er im Einklang mit der Natur Zufriedenheit in seiner eigenen Welt erlangt. Musikalisch setzen Witt und seine Mitmusiker diese Reise so groß, schwer und brachial wie möglich in Szene.
Auch "In Einsamkeit", einem Duett mit Chris Harms von Lord Of The Lost, trieft nur geradezu vor aufgesetztem Bombast. Die Gitarren stampfen martialisch und Bläser bauen eine nibelungenartige Kullisse auf. Dazu heißt es: "Die Gedanken zieh'n durch Nebel und Wälder der Zerstörung." Mehr Brechstange geht nicht.
Martialisch geht es auch mit "So Fern" mit donnernden Drums und majestätischen Bläsern weiter. Dazu gesellt sich noch mit süßlichem Pianogeklimper ein Schuss schlageresker Kitsch. Beim folgenden "Shandai Ya" handelt es sich um Witts Version des gleichnamigen Songs von The Mystery Of The Bulgarian Voices, die dem Track auch ihre Stimmen leihen. Insgesamt wirkt die Nummer recht harmlos, aber zumindest eingängig arrangiert. Danach wird es leider nicht mehr besser.
In "Die Wölfe Ziehen" biedert sich Witt dreist an dem Nordic Folk Wardrunas an und grollt im Refrain zu orchestralem Pomp, als ginge es gerade ums nackte Überleben. In "Abendwind" reiht er zu afrikanisch geprägten Rhythmen und "na-na-na-eh-oh"-Gesängen mit weinerlicher Stimme eine ergriffene Metapher an die nächste. In "Stern" holt er schließlich zusammen mit Claudia Uhle von X-Perience zur ganz großen Geste aus. Der Refrain lässt geradezu erschaudern: "Durch die Nacht, da führt mich dein Stern / Scheint so nah und doch noch so fern / Ist der Mut, der mich trägt / Und die Hoffnung, die lebt / Gib mir Kraft, für mich leuchtet dein Stern."
"Die Seele" klingt wie ein schwachbrüstiger Abklatsch von "Goldener Reiter", während uns Witt Zeilen wie "die Zeichen der Zeit veröden im Dickicht der Verantwortlichkeit" als den Gipfel der Erkenntnis verkauft. Zum Schluss finden wir uns in "Ich Spür Die Liebe In Mir" im Wald wieder. Dort wartet nichts außer gefühlige Midtempolangeweile. Nach dem Erklingen des letzten Tons ist man froh, diese Reise schadlos überstanden zu haben.
2 Kommentare mit 6 Antworten
Weder die Texte noch die Musik ist schlechter als das, was uns Rammstein bieten. Substanzloses Witt-Bashing.
Nicht schlechter als Schrott bedeutet halt immer noch Schrott.
Nicht alles was mit einem Drop-Tuning und deutschen Texten gemacht wird ist automatisch wie Rammstein. Man kann von beiden Gruppen halten was man will, aber Rammstein sind nunmal vor allem eine enorm starke Rythmusfraktion, die aus einem simplen 4/4-Takt halt rausholen was geht. Dazu sind die Texte nun einmal häufig (und zunehmend) platt, aber rethorisch quasi perfekt um die Lieder ästethisch abzurunden. Bei Witt ist das ja etwas anderes. Es geht mehr um Melodien und Inszenierung. Er ist offensichtlich mehr auf bestimmte Atmosphäre durch die Instrumentalisierung aus. Vollkommen legitim, keine Wertung. Haben Rammstein ja auch selber häufiger probiert. Persönlich finde ich allerdings das es mittlerweile aber etwas klingt als hätte man versucht Rummelsnuff in Ohne Dich reinzudrücken und dabei die Produktion etwas überzogen. Ist halt echt nicht für jeden was und sicher nicht das, was im Popradio als "gute Musik" bezeichnet wird. Ein Stern ist aber vielleicht schon etwas hart.
Schönes Bildbeispiel an der Stelle. Überhaupt erst mal ein Rummelsnuff, der sich sich für irgendwas oder -wen zu verbiegen vermag, und dann auch gleich so hart, dass seine Silhouette alsbald schon bloß noch plewkaeske Windungen wirft. Danke dafür.
Seltsam, verwechsel den immer mit Nino de Angelo?!
Wer war jetzt bitte nochmal Jenseits von Eden und wer der goldene Reiter?
Die Renzension ist nicht objektiv. Wer Rammstein gut bewertet muss auch Witt gut bewerten und Scheisse sind beide Bands nicht.
Ich denk wir könnten noch ein paar mehr neue fakes mit der Grundausrichtung "Individuelle Geschmacksvorlieben nur noch anhand ad hoc und bei aller Willkür zu erstellenden und daher leider nur vermeintlich objektiver Kriterien bewerten!" gebrauchen. Hab da so ein objektiv nachweisbare Gefühl, dass noch nicht alle unsere Stammuser*innen seit 1998 schon Gelegenheit dazu bekamen, sich an einem von ihnen abzuarbeiten...
Ist halt nichts Neues, aber eindeutig zu harte Kritik