laut.de-Kritik

Pop, Elektro, Acid, Kraut- und Post-Rock aus Frankreich.

Review von

Das ist der Super-Gau schlechthin für jeden Musiker, wenn die im Prinzip fertigen Aufnahmen für eine neue Platte unwiderruflich über den Jordan gehen. Genau dies soll Joakim Bouaziz passiert sein, als er im Studio am Ausgangsmaterial für "Monsters & Silly Songs" zugange war. Doch anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, nahm Bouaziz die Herausforderung an, disponierte um und konzipierte als Songwriter sein drittes Album im konventionellen Bandkontext. Mit dem positiven Nebeneffekt, dass einige der Stücke auch problemlos live auf der Bühne umgesetzt werden können.

Der Entstehungsprozess der "Monsters & Silly Songs" beinhaltete wohl einen ständigen Fluss aus intuitiver Improvisation und Experimentieren, aus schlichtem Ausprobieren verschiedenster Ideen, dem Einbeziehen spontaner Geistesblitze. Eine Art musikalischer wie stilistischer Freistil, der vor allzu engstirnigen Genregrenzen keinen Halt macht. Unaufgeregt zieht der Franzose sein Ding durch, das wie selbstverständlich zwischen Pop, elektronischer Tanzmusik, Independent, Kraut- bzw. Postrock mäandert. In einer handwerklichen Herangehensweise, die man auch als Analoges plus Digitales charakterisieren kann.

Elektrischen Einschüben à la "Monster # 1-4", die teilweise durch dunkles Dröhnen auffallen, oder dem verspielten "Drumtrax" mit seinen variierenden Modulationen bzw. Geschwindigkeiten sowie feinen Acidlines stehen beispielsweise weitgehend von Gitarren- bzw. Synthesizerklängen dominierte Stücke wie das spacig-sphärische "Sleep In Hollow Tree", das fiepend bollernde Lonely Hearts – der Hit schlechthin oder der schier endlose, kosmische Trip namens "Love-Me-2" gegenüber. Krautversatzstücke treffen hier auf farbenreiche, psychedelische Elemente.

Unterstützung hierbei erhielt Joakim von Maxime Delpierre an der Gitarre, Schlagzeuger Mark Kerr, Juan de Gullebon am Bass, Sänger Nicolas Ker sowie Guillaume Tessier. Die beiden letztgenannten steuerten außerdem je ein Stück bei: "Palo Alto" schrieb Nicolas Ker, sonst bei Poni Hoax tätig, deren Debüt übrigens Joakim produzierte. Und "Rocket Pearl" stammt aus der Feder von Guillaume Tessier.

Nicht nur auf diesem Stück kommt dieser latente Hang zu schräg-schiefen Tonfolgen zum Tragen. Überhaupt wirkt hier nichts glatt gebügelt, im Gegenteil. Sehr sympathisch. "Rocket Pearl" erinnert zwar in gewisser Weise an Franz Ferdinand, aber so lange ein derart zum Zappeln animierendes Getüm dabei herauskommt, kann es recht sein. Ebenso für die Indie-Disse wie geschaffen erscheint "I Wish You Were Gone". Allerdings eher für die Aufgeschlosseneren.

"Monster & Silly Songs" gehört zweifelsohne zu den Alben, die von Mal zu Mal zu wachsen, die mit der Zeit in ihrer Wirkung immer größer und nachhaltiger werden, bei denen man immer wieder ein anderes Detail entdeckt. Und einen nicht nur deshalb schlichtweg überzeugen. Festplattenabstürze können wohl doch etwas Gutes an sich haben.

Trackliste

  1. 1. Monster #1
  2. 2. Sleep In Hollow Tree
  3. 3. I Wish You Were Gone
  4. 4. Three Legged Lantern
  5. 5. Monster #2
  6. 6. Lonely Hearts
  7. 7. Peter Pan Over The Bronx
  8. 8. Rocket Pearl
  9. 9. Drumtrax
  10. 10. Everything Bright & Still
  11. 11. Monster #3
  12. 12. Palo Alto
  13. 13. The Devil With No Tail
  14. 14. Monsters #4
  15. 15. Love-Me-2
  16. 16. Tanabata

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Joakim

Der Franzose Joakim Lone Octet betreibt mit Tigersushi eines der feinsten und zugleich ungewöhnlichsten Electro-Labels diesseits des Atlantiks. Kaum …

Noch keine Kommentare