laut.de-Kritik

Hier tobt das echte Leben.

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Soul ist wieder hip. Kaum ein Monat vergeht, indem nicht irgendwo ein neuer emotionsgeladener Klang-Stern am Himmel aufblitzt. Allerdings haben nur die Wenigsten die wirklich echten Gefühle gefressen, um es mit der Crème de la Crème eines Genres aufzunehmen, das nun schon seit Ende der fünfziger Jahre wie kein zweites zwischen Tanzfläche und Schlafzimmer pendelt.

Joan Wasser alias ist eine derjenigen, die weiß, wie es geht. Natürlich dreht sich auch bei der Wahl-New Yorkerin in der Regel alles um die hinlänglich bekannten Befindlichkeiten der Zweisamkeit. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen und Kolleginnen schafft es die Sängerin aber, bereits tausendfach gestellte Fragen, begrabene Hoffnungen und erlebte Dramen in ein schillerndes musikalisches Ganzes zu verpacken, das Freunde energiegeladener Soul-Sounds vom ersten Moment an fesselt.

Trotz opulenter Instrumentierung klingen die Songs ihres neuen Albums zu keiner Zeit überladen. Bestes Beispiel: der Opener "Witness". Hier fallen nach und nach Blas- und Streichinstrumente über trocken swingende Snarerhythmen her. Obendrauf lässt die Sängerin nach monatelangen Depressionen erstmals wieder ihren Gefühlen freien Lauf. Das Ergebnis ist beeindruckend.

"Holy City" sorgt für angenehme Zuckungen in den Gliedmaßen. Mit vibrierender Phrasierung hält Joan Wasser die Zügel fest im Griff, während der Background auf diversen Genre-Hochzeiten tanzt. Der Blues ist präsent, der Soul allgegenwärtig und auch der Swing klopft immer wieder mit Nachdruck an.

Schon lange schaffte es kein Song mehr so dermaßen tief im 60s-Doo-Wop zu buddeln wie der Titeltrack, ohne dabei altbacken oder konstruiert zu klingen. Auch Stücke wie der atmosphärische Fingerschnipper "Get Direct", das orgelgeschwängerte "What Would You Do" oder das funkig angehauchte "Shame" hinterlassen deutliche Spuren auf den mittlerweile durchgetretenen Pfaden.

Joan As Police Woman hat den Dreh raus. Die Bardin mit dem einzigartigen Zittern in der Kehle beweist, dass sich echte Gefühle nicht 'produzieren' lassen. Hier toben das echte Leben, die wahre Liebe und der bitterste Schmerz. Applaus.

Trackliste

  1. 1. Witness
  2. 2. Holy City
  3. 3. The Classic
  4. 4. Good Together
  5. 5. Get Direct
  6. 6. What Would You Do
  7. 7. New Years Day
  8. 8. Shame
  9. 9. Stay
  10. 10. Ask Me

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1 Kommentar

  • Vor 10 Jahren

    Sehr starke Platte! Gerade fing ich an, den ganzen Neo-Soul und sogar die letzten Daptones-Werke etwas langweilig zu finden. Joan As Police Woman bringt besseres Songwriting, etwas moderneren Sound und trotzdem weniger Cleanliness, und setzt damit richtig starke Akzente!