laut.de-Kritik
Nachwuchsblues von dem perfekten Schwiegersohn.
Review von Giuliano BenassiDass Joe Bonamassa als eine der großen Hoffnungen für den Bluesnachwuchs gilt, ist durchaus berechtigt. Nicht nur hat er sich bereits als Kind hervorgetan. Er besitzt auch eine beeindruckende Gitarrentechnik, hat ein profundes Wissen des Genres und keine Kontaktängste.
Wobei er seinen Stil nicht mutwillig verwässert, sondern behutsam mit Rock und Soul anreichert. So gesehen ist es nur folgerichtig, dass er im Mai 2009 in der ehrwürdigen Royal Albert Hall auftreten durfte, die schon so viele historische Auftritte beherbergt hatte.
Etwa den letzten von Cream 1968, der den jungen Bonamassa, auf Video gesehen, so beeindruckte, dass er so spielen wollte wie der verrückte Kerl auf der Bühne. Der ließ sich 40 Jahre später nicht zweimal bitten, brachte seine Fendercaster mit und klimperte mit seinem halb so alten Bewunderer ein Stück.
Der Auftritt Eric Claptons und das gemeinsame "Further Up On The Road" bilden den Höhepunkt dieser Aufzeichnung. Denn der lockere Clapton macht Bonamassas Problem deutlich, das nicht technischen, sondern menschlichen Ursprungs ist: Während Clapton ein echter Star mit Höhen und Tiefen ist, kommt der US-Amerikaner aus Utica in seinem Anzug und der eleganten Sonnebrille rüber wie ein Bänker aus der nahen City. Blues mit Papa, Mama und Schwester im Publikum - es ist der Blues des perfekten Schwiegersohns.
Das klingt ungefähr so sexy wie Rap oder Heavy Metal mit christlichem Inhalt. Passt nicht wirklich zusammen, so gut es technisch auch sein mag. Seiner goldenen Les Paul lockt Bonamassa mit Ehrfurcht mal zärtliche, mal raue Töne hervor. Seine Begleitband, der unter anderen Bläser, eine Orgel und zwei Schlagzeuge angehören, spielt tight und engagiert. Dennoch – es klingt eine Spur zu brav.
Zu Stücken aus eigener Feder, aus denen sich zu Beginn "Django" und das abschließende "Asking Around For You" hervorheben, gesellen sich auch Coverversionen. Allen voran Sonny Boy Williamsons "Your Funeral My Trial" mit dem zweiten Gast des Abends, Paul Jones, einst bei Manfred Mann an der Mundharmonika.
Während das Konzert nach dem Auftritt Claptons im ersten Drittel keine weiteren Höhepunkte bietet, lohnt es, sich die Extras anzuschauen. Im 20-minütigen Interview erzählt Bonamassa Geschichten zu einzelnen Tracks und klimpert im Tourbus auf der Gitarre. Zuletzt beginnt er, richtig zu schreddern – was gut zum zusätzlichen Track "Woke Up Dreaming" passt, den er auf einer Akustikgitarre wohl als Zugabe alleine spielt. Wie flink der Kerl über das Griffbrett fliegt, ist reiner Wahnsinn.
Mit Dolby 5.1 und vielen HD-Kameras aufgenommen, bietet diese DVD einen guten Einblick in Bonamassas Schaffen. Einen Maßstab, wie auf dem Cover vorgegaukelt, setzt sie aber kaum. Dem Gitarristen ist natürlich zu wünschen, dass sein Leben und seine Karriere weiterhin so glatt verlaufen wie bisher. Ein paar mehr Kanten würden seiner Musik und seinem Auftritt aber nicht schaden.
1 Kommentar
Ich habe Joe Bonamassa über das Live-Doppelalbum "From Nowhere in Particular" kennengelernt. Da ich auf Blues/Rock stehe hat die Scheibe sofort bei mir gezündet. Genial was das Bürschen auf der Klampfe zaubert. Kurz darauf habe ich mir die DVD "Live at the Rockpalast" zugelegt. Seit der Scheibe bezeichne ich mich als Fan von JB. Geniales Clubkonzert in klassischer Besetzung - Gitarre, Bass und Drums. Super Begleitband (vor allem der Bassist - ein Tier!) und geniale Atmosphäre. Irre mit welcher Schnelligkeit und Präzision der Typ die Saiten bearbeitet.
Mit großen Erwartungen habe ich mir dann die neue DVD bestellt. Und leider bin ich etwas enttäuscht. Also über Bild und Sound gibts absolut nichts zu sagen - einfach perfekt! Vor allem der Einsatz von zwei Drummern gefällt mir sehr gut und wird an einigen Stellen äußert effektiv eingesetzt. Aber irgendwie kommt die Atmosphäre nicht wirklich gut rüber. Die Bühne ist halt auch recht groß - das Publikum weit weg. Mir fehlt ein bisschen die Hitze und der Schweiß des Rockpalast-Konzerts. Das Publikum macht für mich auch einen lahmarschigen Eindruck. Alles in allem trotzdem ein schönes Konzert aber es fehlen einfach ein paar Emotionen - das ganze wirkt etwas steril.
Ciao, Alex