laut.de-Kritik

Erstaunliches Reifezeugnis des 25-jährigen Songwriters.

Review von

Kein Zweifel, der Mann weiß, wie's geht. Erst kommen vier Noten auf dem Klavier, dann gefühlvolle Bläser, ein leicht angeschlagenes Schlagzeug und eine sanfte raue Stimme, die über Weltschmerz klagt. "Ich mache mir Sorgen, ich bin dreimal so schwer wie mein Körper", verkündet sie im ersten Lied dieses Albums, bevor sie in ein doch eher fröhliches "uiiiiuh uiiiiiiiiiuh" übergeht.

John Mayer ist gerade mal 25 und veröffentlicht mit "Heavier Things" nicht nur sein bereits drittes Studioalbum, sondern auch ein erstaunliches Reifezeugnis. Einfache, aber wirkungsvolle Arrangements verbreiten angenehme Atmosphäre, ohne in allzu seichte Gefilde zu fallen; auf der Gitarre beweist Mayer sein Können, ohne wichtigtuerischem Gedudel zu frönen; zu den Aufnahmen nimmt er seine Begleitband mit, ohne auf den Rat des erfahrenen Produzenten Jack John Puig (Sheryl Crow, No Doubt) oder auf den einen oder anderen Studiomusiker zu verzichten. Das Ergebnis: Mayers Musik gefällt jung und alt, Mann und Frau, US-Amerikanern und Europäern.

Eine Gefolgschaft, die er umgarnt, ohne auf Persönlichkeit zu verzichten. Sein Stil siedelt sich zwischen Rock und Pop an, ohne aber auf die abgewetzten Regeln des konventionellen Chartmaterials zurückzugreifen. Das liegt einerseits an seiner rauchigen Stimme, andererseits an seinem Gitarrenanschlag, der sich mit einem eigenen Rhythmus vom standardmäßigen 4/4-Takt abgrenzt. So etwa "Something's Missing", das sich einerseits ohne große Anstrengung anhören, andererseits doch nicht so einfach einordnen lässt: ist es fröhlich? Melancholisch? Will Mayer etwas mitteilen, oder singt er nur vor sich hin? Er bewegt sich eben recht frei und unbekümmert zwischen den Grenzen seines Genres.

Ein Ansatz, der auch in seinen Texten zum Ausdruck kommt. "Ich habe einen Plan, ich werde rausfinden, wie langweilig ich bin und Spaß im Leben haben" verkündet er etwa im existentiellen "New Deep" ("Taubheit ist die neuzeitliche Tiefe", heißt es im Refrain), während der Anfang des langsamen Blues "Come Back To Bed" poetisch anmutet ("Still is the life / Of your room when you're not inside"). Seine Stärke liegt jedoch eher in einer ernst gemeinten Selbstanalyse, die auf Stereotypen verzichtet. Mit seinem Phil Collins-Appeal ist "Home Life" zwar das am wenigsten gelungene Stück des Albums, enthält aber seine interessanteste Aussage: "Schon mein ganzes Leben lang wollte ich ein ruhiges Hausleben führen. Ich möchte nicht lediglich mit einer Melodie oder einer Radiowelle ins Grab gehen. Solche Dinge verschwinden schnell, verdampfen. Nicht so aber ein Hausleben, in der Mitte eines Kreises, am Rande eines Platzes".

Vielleicht liegt gerade darin das Geheimnis von Meyers Erfolg: Während die meisten Musiker seines Alters von Zuhause wegziehen, um Platten aufzunehmen und Erfolg zu haben, nimmt Mayer Platten auf und hat Erfolg, um sein Zuhause zu finden. Das Erreichen seines Ziels sei ihm gegönnt. Für seine Fans bleibt allerdings zu hoffen, dass ihm dabei noch das eine oder andere Lied einfällt.

Trackliste

  1. 1. Clarity
  2. 2. Bigger Than My Body
  3. 3. Something's Missing
  4. 4. New Deep
  5. 5. Come Back To Bed
  6. 6. Home Life
  7. 7. Split Screen Sadness
  8. 8. Daughters
  9. 9. Only Heart
  10. 10. Wheel

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