laut.de-Kritik
Ein Schlachtruf, aber vielleicht auch ein Abgesang.
Review von Jürgen Lugerth"Old Rockers never die!" Dieser derzeit bedenklich oft von der Rock'n'Roll-Geschichte widerlegte Schlachtruf lässt sich irgendwie auch auf diese DVD anwenden, die das Konzert der alternden Metal Gods Judas Priest am letztjährigen Wacken Open Air zeigt. Auch Rob Halford, für mich DIE Sirene des Metal und deutlich vor den üblichen Ikonen wie Ozzy Osbourne, Bruce Dickinson, auch vor dem alten Satansbeschwörer King Diamond und sogar noch knapp vor dem lieben Ronnie James Dio (R.I.P.) angesiedelt, hatte schon einige gesundheitliche Probleme. Vor allem die Stimme betreffend, wohlgemerkt. Der Rest ging schon irgendwie, wenn auch eher in etwas gebeugter Körperhaltung.
Trotzdem hatte ich auf dem Bang Your Head Festival 2008 beim Headliner-Auftritt von Judas Priest mit einem quasi altersgebrechlichen und stimmlich indisponierten Rob Halford Zweifel, ob das alles noch vertretbar ist. Doch siehe da, sieben Jahre später auf dem monströsen Wacken taugte der Gig der legendären Band am 1. August 2015 doch für einen halbwegs ansehnlichen Live-Mitschnitt.
Der Rahmen mit dem ameisenartig wimmelndem Publikum, der sehr geräumigen Bühne und dem darüber brennenden Ochsenschädel in der norddeutschen Sommernacht ist standesgemäß, die Bühnen- und Lightshow dezent-gediegen, die Setlist höchst respektabel und die Musiker mit dem K.K. Downing-Nachfolger Richie Faulkner sind absolut auf Ballhöhe. Rob Halford, kettenklirrend bemantelt und später fantauglich kuttenbewehrt, gibt sein Bestes, kämpft sich durch alte Heuler und starkes neues Material und hat im Vergleich mit vorher erwähntem Konzert Vitalität und Aktionsradius deutlich verbessert. Sogar die gute alte Harley kommt bei "Hell Bent For Leather" wieder mal zum Einsatz, und Herr Halford schafft es auch problemlos in den Sattel.
Das reicht immerhin für Respekt und Sympathie. Wer "Victim Of Changes" oder "Painkiller" in Reinkultur will, mit der tödlichen Stimme und den Ausflügen in die metallische Stratosphäre, muss sich heutzutage nun mal mit den originalen Alben begnügen. Wie auch immer - Halfords Ansagen haben einen Touch von Altersweisheit. Fast selbstironisch bezeichnend ist die unaufhörlich weiterlaufende virtuelle Uhr im Bühnenhintergrund zum Ende des Auftritts hin.
Das eher gemächlich geschnittene Konzert endet mit einem familiären Abschied der Band vom Publikum. Somit ist (fast) alles gesagt. Die reine CD des Konzertes kann man sich sparen, wenn man schon die DVD hat. Sie hat nämlich fünf Stücke weniger auf den Rippen. Und ohne die beeindruckende Optik des Konzertes macht die Mucke nicht mehr ganz den Eindruck aus früheren Tagen.
5 Kommentare mit 5 Antworten
Sind halt doch nicht mehr die Jüngsten
War trotzdem ziemlich geil, das Konzert. Kommt live halt nochmal besser als auf DVD rüber, daran wird auch der Jürgen nix ändern.
Hmm Ich glaub nicht, dass da jemand was ändern wollte. Halt beschreiben, wie die DVD rüberkommt. Wie das einer mit möglicherweise etlichen Bier im Kopf und mit Kumpels vor Ort erlebt hat, kann man ja auf der DVD nicht sehen ...
Da ich Konzerte i.d.R. alleine und vor allem ohne Alkohol genieße, dürfte der Eindruck wohl kaum verfälscht sein. Nette Spitze, leider völlig ohne Effekt
finde euer Beefgewitter trotzdem herrlich erfrischend
Bin auch der Meinung, das diese CD nicht unbedingt im Regal stehen muss, höre immer noch die Unleashed am liebsten und wie der Rezensist schrieb' die späteren Songs aus den Original Alben. Zu alter Höchstform werden auch die Jungs nicht mehr auflaufen.
wenigstens mal wieder den guten alten "turbo lover" gebracht; super rocksong, super unterschätztes album.
Schön, dass ich nicht alleine mit meiner Meinung dastehe..."Turbo" wird ja von vielen Priest-Fans belächelt...zu Unrecht, da gibt es weit schwächere Alben.
Das würde mich mal interessieren, wie kommst du auf super unterschätzt Anwalt? Selbst die Version von Wacken, die ja nicht ganz taufrisch ist, kommt doch fett daher. Was war damals anders?
damas wurde das von den metalheads als anbiedung an mtv/pop/weicheier heruntergemacht. dabei übersahen viele das wirklich gelungene songwriting und hatten zu vielle grenzen im kopf.
auch die (in der tat nicht ganz so starke) folgeplatte "ram it down" lohnt sich für einen fetten priest-übersong: "blood red skies" ist mein ganz persönlicher liebling. haben sie wohl leider nie live gebracht.
https://www.youtube.com/watch?v=6xbafrAjmW…
Ist noch gar nicht so lange her. Man sollte nichts auf Gerüchte geben und der Song ist wirklich ein Überbrett.