laut.de-Kritik
Irgendwo zwischen Schlager und Pur zieht Juliane ihre erotischen Kreise.
Review von Stefan JohannesbergAls mir dank Schlagervergangenheit von der Redaktion die neue Juliane Werding aufs Auge gedrückt wurde, schossen mir sofort Erinnerungen an die Dänemark-Reisen mit meinen Eltern aus der Kindheit durch den Kopf. Während der Autofahrt musste ich Künstler wie Peter Maffay, Chris De Burgh, Bob Seeger und eben Juliane Werding über mich ergehen lassen.
Besonders ihr 86er Output "Sehnsucht ist unheilbar" hatte es meinem Vater angetan. Zu Recht, wie ich Jahre später feststellen sollte. Songs wie das mystische "Würfelspiel", das melancholische "Sehnsucht ist unheilbar" oder die "Stimmen im Wind" gehören noch heute zu den Klassikern des deutschen Schlagers. Es sind kraftvolle, romantische Lieder mit dem gewissen Etwas, die zudem nie in flachen Kitsch ausarten.
Danach habe ich sie leider aus dem Gehör verloren, und so war ich gespannt, ob Juliane mich nach so langer Zeit wieder überzeugen kann. Doch leider fällt das Ergebnis nach intensiver Hörprobe eher zwiespältig aus.
Die ersten Songs wollen sich nicht recht in meine Gehörwindungen krallen. Sie klingen druck- und lustlos. Zu professionell und berechnend scheint Juliane ihre Lieder auszusuchen. Mal Pur, mit dem Titeltrack "Es gibt kein Zurück", mal moderne Rhythmen mit "Das Leben ist schön", mit "Daisy" gibt es auch die im Schlager üblichen eingedeutschten Coverversionen.
Erst zum Ende der Platte läuft Juliane endlich zu alter Klasse auf. Das rockig-melancholische "Snowwhite Baby" und die Sinnfrage "Wo bleibt mein Leben" weisen die nötige Tiefe auf, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Apropos Konkurrenz. Die Texte auf dem gesamten Album sind wohltuend anspruchsvoll und erreichen zuweilen die mystisch-erotische Ebene.
08/15-Liebesgeschichten sucht man hier zum Glück vergeblich. Und das ist wirklich mehr, als man vom Deutsch Rock/Schlager normalerweise erwartet.
Noch keine Kommentare